Glatzen gegen Trachten

■ Bergedorfs „Schützen“-Vereinigung hat Angst vor Skin-Gewalt

Aufschrei in den Vier- und Marschlanden: Die Polizei sei nicht mehr in der Lage, die BergedorferInnen vor Überfällen von rechtsradikalen Skinheads auf Veranstaltungen und an Badeseen zu schützen. Bergedorfs heimatbewußte Traditionalisten fürchten nun um ihre Schützenfeste. Die Bergedorfer Zeitung (BZ) titelte lokalpatriotisch besorgt: „Polizei auf dem Rückzug vor Skinheads.“

In der Tat nimmt die Zahl der rechtsradikalen Überfälle in Hamburgs Osten stetig zu. So schlugen vor wenigen Tagen Skinheads grundlos einen Mann am Eichbaumsee krankenhausreif, überfielen Glatzen das „Niederwärtser Heimatfest“ und randalierten bei der „Curslacker Zeltdisco“ sowie in der „Fünfhausener Disco-Night“.

Der Vierländer CDU-Fraktionsvorsitzende des Ortsausschusses, Rüdigerhorst Bambach, sieht in dem Skinhead-Vorgehen eine zunehmende Gefahr. Bambach gegenüber der „BZ“: „Es geht hier nicht um eine zufällige Häufung von Prügeleien, sondern um eine neue Strategie der Skinheads.“

Hintergrund des CDU-Aufschreis: Die Polizei hatte die Vierländer Schützengemeinschaft aufgefordert, für ihre Umzüge und Feste selbst Sicherungsmaßnahmen einzuleiten. Bergedorfs FDP-Sprecher Thomas Zimmermann: „Das ist ein Armutszeugnis für unsere Polizei.“ Und der Kirchwerder CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Bernd Reinert meint: „Es ist die Aufgabe der Polizei, Veranstaltungen zu schützen.“

Im Polizeipräsidium ist man über die Aufregung überrascht und winkt nur ab. Polizeisprecher Jens Buck zum angeblichen polizeilichen Rückzug: „Da ist gar nichts dran. Die haben etwas falsch verstanden. Natürlich werden wir auch in Zukunft Veranstaltungen schützen.“

Buck weist allerdings daraufhin, daß jeder Veranstalter verpflichtet sei, selbst Schutz-Vorkehrungen für eine öffentliche Versammlung zu treffen, dazu zählten auch Schützenfeste – entweder müßten Ordnertrupps oder private Wachdienste engagiert werden. Buck: „Es kann doch nicht angehen, daß Privatveranstaltungen ganz und nur zu Lasten der Polizei gehen“.

Natürlich werde die Polizei auch bei den Vierländer Schützenfesten präsent sein und notfalls eingreifen, sofern die Ordnerdienste die rechtsradikale Gewalt nicht selber in Griff bekommen. Buck: „Nur eines geht nicht – nämlich einfach zu sagen: ,Polizei ich weiß was, und nun kommt mal und tut was'“.

Peter Müller