„Mein Kind hat Ozon!“

■ Rote Rachen, Pickel, Atemnot - Nachfrage bei Bremer KinderärztInnen

Der vierjährige Yannick war sechs Kilometer mit dem Rad zum Freibad gefahren; dort tobte er über Mittag herum und fuhr wieder heim. Kurz darauf bekam er Halsschmerzen und hohes Fieber. Gegen Abend verschwanden die Symptome.

Kinderarzt Dr. Crasemann aus der Neustadt hält einen Zusammenhang mit der zur Zeit sehr hohen Ozonbelastung in der Luft für möglich. Er selbst hatte bei seinem Neffen, einem Allergiker, beobachtet, wie der letzte Woche „auf einmal anfing zu pfeifen“. Obwohl die Zusammenhänge zwischen Ozon und „bronchialer Erregbarkeit“, Husten und Halsschmerzen im Einzelfall schwer nachweisbar sind, denkt Crasemann in den letzten Wochen in seiner Praxis öfter über Ozon nach. Infekte, hat er das Gefühl, ziehen sich länger hin. Kinder werden zwei Wochen lang ihren Husten nicht los.

„Bei Kindern wird im Allgemeinen von einer höheren Empfindlichkeit eines wachsenden Organismus'- auch bezogen auf das sich noch entwickelnde Immunsystem - ausgegangen. Kinder haben im Vergleich zu Erwachsenen einen intensiveren Stoffwechsel und damit auch eine höhere Atmungsaktivität. Sie nehmen daher mehr Ozon auf als Erwachsene.“ So informiert das Hauptgesundheitsamt in einem Faltblatt. Doch wie es den Bremer Kindern derzeit geht, weiß man im Amt nicht: Untersuchungen gibt es nicht. Dabei stellen Kinderärzte bisweilen Erschreckendes fest. Die Ärztin Dr. Pietschmann aus dem „Viertel“ stellt bei „praktisch jedem Kind“ einen geröteten Hals fest, unabhängig von den Beschwerden. Dazu kommen oft rote Augen und Hustenreiz. Ihre Kollegin Gerda Fritze aus Tenever will dagegen von Ozon nichts wissen: alles normale Sommergrippen, zu jedem Virusinfekt gehöre ein roter Hals, und bei diesem heißen Wetter spielten ohnehin die Viren verrückt. In den Badeseen wie Bultensee oder Mahndorfer See fühlten die sich sehr wohl.

„Kein Frage, man muß doch oft an Ozon denken,“ meint dagegen Dr. Börschel aus Blockdiek gleich nebenan. Er berichtet von auffällig vielen kranken Kindern, sehr oft hätten sie ein kurzes Fieber, viele Virusinfektionen mit rotem Hals, viele Halsschmerzen ohne Fieber. „Ich empfehle, Kindern nicht zu viel zuzumuten wie Radfahren, Sport, Training.“ Zu unterlassen sei alles, wobei man außer Atem kommt. Kinderarzt Kleppe aus Schwachhausen dagegen hat überwiegend Säuglinge als Patienten; hier treten die Symptome offenbar nicht so deutlich aus; doch angesichts roter Augen, roter Rachen und pfeifender Bronchien fragt er sich auch mehrfach am Tag: Ist es das Ozon? Eltern selbst sprechen das Thema übrigens selten an, höchstens mal „intellektuelle, überbehütende“.

„8- bis 12-jährige kommen in die Praxis und klagen über Halskratzen und daß sie sich schlapp fühlen,“ erzählt Frau Dr. Schulze (Oberneuland). Sie denkt an Ozon, aber: „Man weiß ja überhaupt nichts.“ Sie hat noch eine allgemeine Zunahme der Ohrenentzündungen und Hautreizungen (z.B. Pickel) beobachtet. „Das fing vor 7 oder 8 Wochen an - als es so warm wurde.“

Burkhard Straßmann

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