Baden umsonst & draußen

■ Bremer Baggerseen bestens – von einigen Ausnahmen abgesehen

Pack die Krankenscheine ein – dieser Aufforderung sollte folgen, wer zur Zeit seinen Körper im Cluvenhagener See zu Wasser lassen möchte. Dort nämlich gibt es mehr Coli-Bakterien, als das Gesundheitsamt erlaubt. Das gleiche gilt für den Sodenmattsee, der weiterhin gesperrt bleibt. Obwohl in der Hitze des Sommers analog zu Bakterienstämmen auch der menschliche Herdentrieb zu erstarken droht, sollte diesem niemand zur großen Wümme, zur Weser bei Hemelingen oder am Sielwall folgen. Die dort baden, tummeln sich in Einleitungen kommunaler Kläranlagen, in „diffusen landwirtschaftlichen Abschwemmungen“, kurz: in „kritisch belasteten“ Gewässern. Seit gestern ist auch der Bultensee nicht mehr zu empfehlen. Aufgrund vermehrten Algenwuchses wurde der ph-Wert 9 überschritten, und das kann bei empfindlichen Menschen rote Augen und juckende Haut hervorrufen.

Für alle anderen Bremer umsonst & draußen Gewässer geben die Behörden jedoch Entwarnung. Dr. Ute Zolondek, beim Hauptgesundheitsamt zuständig für –Allgemeine und Umwelthygiene, Gesundheitsaufsicht, Desinfektionen': „Grambker See, Achterdieksee, Mahndorfer See, die Rottkuhle, Stadtwaldsee (Unisee), Waller Feldmarksee und Werdersee sind alle in Ordnung“. Keine Salmonellen, keine (fäkal-) coliformen Bakterien, keine Algen. Zumindest bleibt deren Aufkommen unterhalb der EU-Richtlinien, die seit ihrer Erstellung sämtliche Mitgliedsstaaten zur Kontrolle freier Badegewässer verpflichtet.

Neben hygienischen Messungen werden Temperatur, ph-Wert und Sauerstoffgehalt untersucht. Zwar stimmt, was die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Test behauptet, daß nämlich in Bremen die Sichttiefe der Gewässer nicht gemessen wird. Dafür, erklärt die Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes, fehlen hier die Stege, man könne nur vom Ufer aus messen, „und da kommen Sie doch nicht über 70 Zentimeter.“ Das sei jedoch nicht weiter schlimm, denn anders als von Test unterstellt hat man „den Algenbewuchs trotzdem im Griff“. Seine Stärke wird über den ph-Wert gemessen.

Von Mai bis September zieht das Wasserschutzamt wöchentlich Proben, bei hohen Temperaturen wie zur Zeit sogar alle zwei Tage. Es gibt einen „Grenzwert“ (G-Wert) mit empfehlenden Chakter, sowie einen strengeren „Interventionswert“. Es reicht, wenn der Interventionswert einer Gruppe bei 5% der Messungen überschritten ist. Das klingt klar, analytisch sauber, aber ein einfaches Beispiel dokumentiert die Problematik dieser Festlegung: Liegen für eine Badesaison 20 Messungen vor, und überschreitet nur ein Meßergebnis den I-Wert, so sollte laut EU-Richtlinien das Baden an diesem See verboten werden. Aber erst am Ende der Badesaison kann festgestellt werden, ob die 5%-Bedingung eingehalten wurde, da die Prozentrechnungen erst dann Sinn machen, wenn größere Datenmengen vorliegen.

Insofern ist man mit dem G-Wert relativ großzügig. Der wird, erklärt Ute Zolondek, durchaus mal überschritten. Das passiert, zumal bei großer Hitze. „Aber man sollte hingucken, überlegen, woran kann's liegen. Ist dagegen der I-Wert überschritten, muß was passieren.“ Für die Bremer Baggerseen bedeutet das in aller Regel Schließung, „denn das sind keine Seen mit Zufluß, also etwa mit Abwässern. Wenn die Wasserqualität sich stark verschlechtert, liegt es an den Badenden selbst.“ Das heißt, der See wurde zum Umkippen gebracht, weil er zu häufig als Pissoir benutzt wurde. Auch Wasservögel sollten, warnt Ute Zolondek, nicht gefüttert werden, weil es noch mehr Enten anzieht, „die dann am Uferbereich hinköddeln“.

Gibt es aller Aufklärung zum Trotz noch immer Leute, die ihren Hund oder gar das Auto am See waschen? „Das ist uns ewig nicht gemeldet worden. Auch die bis vor einem Jahr häufigen Beschwerden über Hunde haben nachgelassen. Das scheint jetzt besser zu laufen.“

dah