■ Das Portrait
: Wes Craven

Während man sich in den sechziger Jahren den Horror noch als etwas vorstellte, das mit Spinnweben, alten Spukschlössern oder Fin-de-siècle-Frauenmördern zu tun hatte, handelten Wes Craven und seine Klassenkameraden nach der Divise „bringing it all back home“: Die grauenhaftesten Geschichten spielten sich mitten in der Familie ab; Eltern schlachteten Kinder, Stiefmütter zersägen verliebte Teenager, Nachbarn werfen scharfe Sensen über den hübschen Vorgartenzaun. Daß das Grauen von innen kommt, und zwar von relativ genau benennbaren Orten, versinnbildlicht Miss me?Foto: Verleih

am besten eine Szene aus „Nightmare on Elm Street“, wo die schöne Heather in der Badewanne sitzt, als plötzlich die blechernen Klauen des Monsters Freddy Kruger zwischen ihren Beinen aus dem Schaum auftauchen.

Sein erster Film, „Last House on the Left“, war auch ein kleiner Bilderstürmer zu Bergmans „The Virgin Spring“, die Pop-Antwort auf ein Existentialisten- Drama. Eine Gruppe mordlustig aufgelegter Gesellen terrorisiert zwei unschuldige Mädchen, wird dann aber selbst wiederum von den Eltern des Opfers, die zunächst einen völlig intakten, Kellogg's-Cornflakes-haften Eindruck machten, grauenhaft gemeuchelt. Der Film hat, im Gegensatz zu vielen seiner Artgenossen, etwas von filmischem Rohmaterial, eine Art Anfängerglück, das Craven dann später oft zu kopieren versucht hat.

Sein sogenannter Werdegang, der in unzähligen Fanzines aufs energischste verfolgt wird, gehört wirklich zu den verschlungensten des Genres. Er stammt aus Cleveland in Ohio, wo man wohl schon auf gruselige Ideen kommen kann. Er besuchte immerhin die renommierte John-Hopkins-Universität, heiratete, wurde Dozent für Geisteswissenschaften (Geister! hihi) und purzelte von da herunter auf die Position eines Botenjungen in einer Filmproduktionsfirma. Irgendwie gelang es ihm dann doch, sich ins Filmbusiness einzufädeln, aber so richtig verlassen konnte er sich auf sein Glück und sein Händchen fürs Heimelig- Scheußliche nie so recht: Nachdem sein erster Film ein Drive-in-Geheimtip geworden war, kamen eine ganze Menge Flops, bevor er dann mit „Nightmare on Elm Street“, Teil 3, die Mitternachtsgemeinde für sich gewann: Seine Kreation Freddy Kruger, der Untote mit den Schneidefingern, ist es auch, die jetzt zum Start seines neuen Films „The Real Story“ so schräg ins Bild fragt: „Did you miss me?“ mn