■ Wie die UNO den serbischen Dissens nutzen kann
: Kungeln mit dem Kriegstreiber?

Einen Tag vor der erneuten Entscheidung der bosnischen Serben über den Genfer Teilungsplan war Hoffnung aufgekommen: Würde die Drohung Miloševićs, die Grenze an der Drina für die Versorgung der serbisch besetzten Gebiete Bosniens dichtzumachen, die selbsternannten Abgeordneten in Pale zum Einlenken bewegen? Schließlich hatten die Serben mit ihren Lieferungen einen entscheidenden Beitrag zum Überleben des zerstückelten „Staates“ geleistet.

Doch bereits die ersten Worte Karadžićs machten deutlich, daß er die Drohungen aus Belgrad nicht besonders ernst nimmt. Kardažić weiß einerseits nur zu genau, daß Milošević bei der Durchsetzung seiner Ankündigungen im eigenen Land Schwierigkeiten haben wird, zum anderen aber hat gerade das UN-Embargo gegen Rest-Jugoslawien gezeigt, daß die verschiedenen Interessen der Balkanstaaten eine Durchsetzung der Sanktionen verhindern. Warum also sollte an der bosnisch-serbischen Grenze funktionieren, was an der serbisch-rumänischen oder der serbisch-bulgarischen nicht klappt?

Dennoch sollten die westlichen Vermittler eine Unterstützung durch den Kriegstreiber Milošević nicht sofort zurückweisen. Statt dessen könnten sie die Zeit bis Ende August und bis zur Abstimmung der bosnisch-serbischen „Republik“ über den Teilungsplan nutzen, um gemeinsam mit Belgrad den Druck auf die bosnischen Serben zu verstärken. Daß die Regierung Rest-Jugoslawiens wenige Stunden nach der Ablehnung des Teilungsplans durch Pale den Abbruch der Beziehungen zu den bosnischen Serben anordnete, zeigt erneut, wieviel Bewegung in letzter Zeit in die serbischen Verhältnisse gekommen ist.

Bei den bisherigen Überlegungen, wie man die Kriegsgegner zur Annahme des Friedensplans zwingen könne, haben Elemente der „Bestrafung“ stets eine größere Rolle als Möglichkeiten der „Belohnung“ gespielt. Läßt man sich also mit Milošević auf ein gemeinsames Vorgehen ein, so sollten Umfang als auch Kontrollmöglichkeiten des anstehenden Tauschgeschäfts klar zum Ausdruck kommen. Für den Handel mit dem serbischen Präsidenten könnte sich unter diesen Bedingungen etwa folgendes anbieten: Bei einem Abbruch der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Serbien hebt die UNO die Sanktionen gegen Serbien auf. Um den Stopp der Warenlieferungen über die Grenze an der Drina überwachen zu können, werden an dieser Grenze UNO-Soldaten stationiert. Die Überwachung des Embargos gegen Rest-Jugoslawien scheiterte an der fehlenden Bereitschaft der UNO-Mitgliedsstaaten, hierfür Soldaten zur Verfügung zu stellen. Durch Miloševićs Wende hat die UNO jetzt erneut eine Chance erhalten, den Krieg in Bosnien zu beenden. Sabine Herre