Stark

■ Fanny Müller: Die 16. Geschichte von Frau K.

s ist ein selten sonniger Frühlingstag in Hamburg. Ich schaufele die alte Blumenerde aus meinen Balkonkästen in Müllbeutel und Frau K. hängt unten im Garten ihre Unterwäsche auf. Selbstverständlich sagt sie manchmal auch Unterzeug, obwohl Unterzeug eigentlich nur für Männer ist. Trixi, ihre übelgelaunte Dackelin, sitzt auf einem heruntergefallenen Schlüpfer, den man beim besten Willen nicht als Slip bezeichnen kann, falls man darunter diese dreieckigen Dinger versteht, deren Aufgabe nicht mehr darin besteht, heikle Stellen zu bedecken, sondern in diesen komplett zu verschwinden. Ich bin gespannt, was heute Thema ist, denn Tagesgespräch in der Nachbarschaft ist Elfi, die gestern nachmittag verhaftet wurde, weil sie ihren Mann vergiftet haben soll. Und richtig: „Das geht immer auffe Schwachen“, sagt Frau K. und schlägt ein paar mal eine zerknitterte Untertaille aus . – Wen meint sie jetzt, Elfi oder die Leiche? – Elfi. „Wenn die man nich so spillerig gewesen wär, denn hätt' die den Ahsch schon lange totgehaun, so wie der die immer kujoniert hat. Sie ham das ja auch mitgekricht.“

Klar, bei den dünnen Wänden, da wird das Private öffentlich.

„Und denn“, fährt Frau K. fort und holt zwei Klammern aus dem Beutel, „denn wär das inn Effekt gewesen, wie bei Bubi Scholz. Das gibt weniger.“ „Zuchthaus“, setzt sie erläuternd hinzu. Ich will gerade sagen, daß Zuchthäuser heute auch Gefängnis heißen, zögere aber noch, weil mir der Unterschied gerade nicht einfällt, da unterbricht Frau K. meine Gedanken: „Und Sie“, sagt sie mit einem kritischen Blick auf meine bloßen Unterarme, „Sie könn auch ma'n büschen was zulegen!“