Gebetsmaschine

■ „Cosmokinetic Cabinet Noordung“

„Bitte ziehen Sie Ihre Schuhe aus und streifen die Filzpantoffeln über!“, heißt es am Eingang. Dann rauf auf die Bühne, die wie ein Koordinatensystem aus schweren Holzbalken, das an Bienenwaben erinnert, die Zuschauer auf ihren Plätzen einkastelt. Man nimmt in Zwischenräumen Platz und erspäht – sofern größer als 1,60 Meter – den hölzernen Vorhang mit der Aufschrift ,NOORDUNG'.

Aber was oder wer, zum Teufel, ist NOORDUNG? Die zentrale Frage des etwas verwirrten Publikums, das am Donnerstag dem Stück Noordung Prayer Machine des Ensembles Cosmokinetic Cabinet Noordung (CCN) aus Slowenien beiwohnt, ist nur vordergründig leicht zu beantworten. Hermann Potocnik Noordung (1892-1929) war ein slowenischer Wissenschaftler. Zu Lebzeiten ein verkanntes Genie, fraß der Choreograph Dragan Zivadinov, Leiter der Theatersektion der Neuen Slowenischen Kunst, Ende der 80er Jahre einen Narren an den Werken des Balkan-Einsteins. Seit 1990 arbeitete Zivadinov mit CCN an der szenischen Darstellung der „Prayer Machine“. Das Ergebnis ist beim Sommertheater zu bestaunen.

Begleitet von morbiden Klanggewittern a la Laibach und bedrohlichen Verhören auf französisch („Dites-moi! Quel-est votre nom?“) hebt sich hin und wieder der hölzerne Vorhang, hinter dem Tänzer und Tänzerinnen erscheinen, die auf der Bühne und zwischen den Zuschauerköpfen agieren. Doch trotz kosmisch-infernalischer Lautstärke (soll man sich die Filz-Latschen ins Ohr stopfen?), galaktischer Bühne und ebensolcher Kostüme bleibt das Ergebnis irdisch. Zwar wird der Zuschauer in seiner Beengung extrem in die Aufführung miteinbezogen, doch versteht er's? Allein der Reiz des Neuen und anderen kann nicht über fehlende Transparenz hinwegtäuschen, immerhin kann man den Inhalt nachlesen.

Abgesehen von solchen Nebensächlichkeiten, kann man sich an der extravaganten, mutigen Inszenierung erfreuen. Außer schwermütigem Gehen und Schreiten zwischen außerirdischen Telefonzellen, bietet CCN sogar richtig anmutiges Ballett, aufwendige Bauten aus slowenischen Künstlerwerkstätten und eine verständliche Aussage: ,Es ist Krieg'. Na also. Auf eine Reaktion des Publikums warten die Protagonisten nicht. Nach getaner Arbeit geleiten sie die berauschten Zuschauer aus ihrer Wabe ins Freie. Netter Trip!

Andreas Dey

Bis 7. 8., 20 und 22 Uhr, Halle 6