■ Modemesse Interjeans: Haschklamotten im Kommen
: Cannabis bis zum Abwinken

Bonn (taz) – Nur Insider wußten das Angebot am letzten Wochenende zu nutzen: Auf der Modemesse Interjeans in Köln kamen Cannabisfreunde voll auf ihre Kosten. Der Stoff wanderte nicht grammweise, sondern gleich kiloschwer über die Theke. Ganz offiziell wies der Messekatalog den Umschlagplatz aus: Halle 10, Stand B 39. Wer sich dorthin auf den Weg begab, konnte zumindest als kundiger Krautexperte das vermeintliche Kifferparadies auch ohne weitere Nachfragen erkennen: Eine Reihe Haschpflanzen säumte den Eingang.

„Der Stoff der Zukunft“, schwärmte Claudia Lanius, die vor etwa einem Jahr mit ihrem Mann Peter Homann die Firma „The Hanf Company“ (THC) gründete. Verfallen waren beide dem bis dato unbekannten Gewächs „Hanf“ nach der Lektüre eines bibeldicken Buches von „Wahrheits“-Autor Mathias Bröckers, das unter gleichnamigem Titel nur wenige Wochen nach Erscheinen zur Glaubensdoktrin der Krautanhänger avancierte. Beide ließen sich „inspirieren“ und kreierten aus dem Stoff der Träume ihre „Cannabis Collection“. In Köln stellten sie ihr neues Sortiment erstmals einem breiten Fachpublikum vor. Doch nicht jedem gefiel, was es dort zu sehen gab: Der wertvolle Rohstoff war nicht nur stone- washed, sondern zu allem Übel auch total verschnitten: zu Hemden und Jacken, Jeans und Sommerkleidern. Selbst die dazu passenden Accessoires wie Mützen oder Schuhe seien „joint-untauglich, da nicht rauscherzeugend“, warnte die Firma in einer Pressemitteilung ihre Kunden vor einem voreiligen Verzehr. Faserhanf enthalte nur 0,3 Prozent des Halluzinogens THC, so die Begründung, und das sei zuwenig. Doch wer angesichts solch homöopathischer Dosen gleich seine ganze Haschjeans rollt, raucht und recycelt, dem dürfte eine bewußtseinserweiternde Wirkung sicher sein.

Den wenigsten der MessebesucherInnen war die Tragweite des Rauschgifthandels bewußt. Und hätte es nicht die naturfarbenen Hemden gegeben, die einen stark an Kartoffelsäcke aus der Prä-Plastik-Ära erinnerten, niemand wäre überhaupt auf die Idee gekommen, hier einen in Vergessenheit geratenen Kleiderstoff zu vermuten, dem lange Zeit der Ruf einer gewissen Grobheit anhaftete. So lag eine Modeexpertin 100prozentig daneben, als sie den weichen Stoff eines elegant geschnittenen Kleides befühlte und „fachkundig“ auf Leinen tippte.

„Leinen ist leichter und knittert stärker“, versucht die Firmeninhaberin Lanius den Unterschied zu erklären. Und überhaupt sei die Hanffaser reißfester als Baumwolle, schwärmt die gelernte Schneiderin. Weit wichtiger ist ihr aber noch der ökologische Aspekt. „Die Faser ist clean“, stellt sie fest, und meint damit pestizidfrei. Tatsächlich machen Schädlinge um das halluzinogene Gewächs auf dem Feld einen großen Bogen. Gängige Textilrohstoffe wie Baumwolle, Sisal und Flachs kommen hingegen nicht ohne chemische Keule aus.

Doch aller ökologischen Vorteile zum Trotz ist der Anbau von Faserhanf in Deutschland bislang verboten. Es sei mühsam, das Garn aus Ungarn und Rumänien zu beziehen, sagt die Textilerin. „Noch ist es nicht fein genug“, kritisiert sie und hofft auf baldige „T-Shirt- Qualität“.

Wer Hanf trägt, schadet aber letztlich doch der Umwelt. Es hapert noch an den Farben, die nach wie vor die Umwelt belasten. Das Design sei eben auch wichtig, rechtfertigt sich die Firmeninhaberin. Damit liegt „The Hanf Company“ voll im Trend. Denn: „Gekauft wird, was gefällt“, weiß eine Textileinzelhändlerin aus dem Osten. Marion Wigand