Suchhunde irrten: Kein Toter im Haus

■ Ursache der Gasexplosion in Rothenburgsort immer noch nicht geklärt Von Tammo Löffler

Ein Schäferhund tapst vorsichtig durch die Trümmer eines Kellers. Langsam rutscht Kanto - so heißt der siebenjährige Vierbeiner - den Bauschuttberg hinunter, angetrieben durch die Zurufe seiner Suchhundführerin: „Ja wo denn, ja such', Kanto.“ Sie steht vor der Ruine des Mietshauses am Bill-brooker Röhrendamm 120 in Rothenburgsort, das vor einer Woche durch eine Gasexplosion teilweise zerstört wurde. Kanto schnüffelt und schnuppert, schließlich bleibt er vor dem zweiten Kellerraum, der noch voller Schutt ist, stehen und bellt aufgeregt. Seine „KollegInnen“ Natan (2), Caska (7) und Xavi (3) haben schon in der Nacht des Unglücks und auch gestern an derselben Stelle angeschlagen.

Bernt Edelhoff, Sprecher des Roten Kreuzes (DRK), vermutet einen Leichnam im Keller und läßt keinen Zweifel: „Die Hunde können sich nicht irren, die haben viel Erfahrung im Bergen von Leichen.“ Doch als schließlich nach zwei Stunden mühseliger Arbeit aller Bauschutt mit dem Bagger aus dem Keller entfernt worden ist, geben die Hunde keinen Laut mehr. Kein Toter unter den Trümmern. Auch bei dem jetzt auf einer Wiese aufgestapelten Schutt zeigen die vier SchnüfflerInnen keine Reaktion. „Das habe ich noch nie erlebt“, wundert sich ein Suchhundführer.

Edelhoff kann sich das ungewöhnliche Verhalten der Tiere nicht erklären. Vielleicht, so der DRK-Sprecher, seien schmutzige Wäsche oder verschiedene Chemikalien, „die einen Geruch wie beispielsweise Ammoniak erzeugen, der ja von Leichen ausgeht“, der Grund gewesen. Am frühen Nachmittag zieht die Hundestaffel des Roten Kreuzes wieder ab: Die Suche nach Verschütteten wird eingestellt.

Was gestern blieb, waren die Beteuerungen von Lutz Basse, Geschäftsführer der Hauseigentümerin Gesellschaft für Wohnen und Bauen (GWG), der immer wieder versicherte, daß es nach seinen Überprüfungen vor dem Unglück keine Beanstandungen im Haus gegeben habe. „Ich habe keine ernsthafte Erklärung für den Vorfall“, sagte Basse. Karl-Heinz Bottrich-Scholz vom Landeskriminalamt konnte zur Ursache der Explosion ebenfalls keine Auskunft geben: „Wir haben noch keine Fakten, jetzt erst gehen unsere Experten an die Erforschung der Unglücksstelle.“ Der Kriminalist geht davon aus, daß frühestens in zwei Tagen Aussagen gemacht werden können. Erst dann wird auch die Frage der Entschädigung für die besitzlos gewordenen MieterInnen geklärt werden können.

Den obdachlosen MieterInnen hat die GWG neue Wohnungen angeboten, sechs von ihnen haben bereits einen Vertrag unterzeichnet. Die Soforthilfe in Höhe von 550 Mark, die einigen MieterInnen noch in der Unglücksnacht ausgezahlt worden war, muß nach Auskunft von Ortsamtsleiter Udo Springborn von SozialhilfeempfängerInnen nicht zurückgezahlt werden. „Bei den anderen Mietern gehe ich davon aus, daß sie sich selbst melden, um die Soforthilfe zurückzuzahlen“, hoffte Springborn gestern. Vermutlich wird sich heute auch der Senat mit dem Explosionsunglück beschäftigen.