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: Nur liebe Omis und Liegestuhl-Rentiers

Mit Studien und Büchern über Kinder und Fernsehen kann man mittlerweile bequem ein Fernsehzimmer durchschnittlicher Größe vollstapeln. Über eine andere wichtige Gruppe ist dagegen fast nichts veröffentlicht, obwohl sie als Fernsehkonsumenten und -opfer eine wichtige Rolle spielen: die älteren Menschen.

Der Bevölkerungswissenschaftler Hans Wilhelm Jürgens von der Universität Kiel hat jetzt im Auftrag der Landesrundfunkanstalt von Schleswig-Holstein untersucht, wie ältere Menschen im Fernsehen dargestellt werden, und ist zu traurigen Ergebnissen gekommen: In je 150 Stunden Fernsehprogramm, die bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten sowie bei Pro7, Sat.1 und RTL mitgeschnitten wurden, spielen ältere Menschen eine unbedeutende Rolle. Nur knapp zehn Prozent aller auftretenden Personen sind Alte; dabei besteht zwischen den Privaten und den öffentlich-rechtlichen Sendern kein Unterschied. Das Verhältnis von älteren Frauen zu älteren Männern beträgt in manchen Sendungen eins zu vier und ignoriert damit die demographischen Verhältnisse in dieser Altersgruppe völlig.

Die Darstellung von Alten wiederum ist stark stereotypisiert: Sie werden oft als „eye-catcher“ mißbraucht und in den immergleichen Rollen gezeigt: als liebe Omi, als Liegestuhl-Rentier oder als Exzentriker. Die Werbung betont diese Stereotypen besonders stark. So tritt ein gutes Viertel aller älteren Männer in TV-Spots als Clowns auf.

Ältere Menschen, schreibt Jürgens in der Zusammenfassung seiner Studie, würden im Fernsehen nicht als selbstverantwortliche Mitglieder in der Gesellschaft „mit der ganzen Vielfalt an Meinungen, Fähigkeiten und Schicksalen“ gezeigt. Das Fernsehen trage damit zur „sozialen Desintegration“ bei.Tilman Baumgärtel

Die 90seitige Studie von Hans Wilhelm Jürgens („Untersuchung zum Bild älterer Menschen in den elektronischen Medien“) kann übrigens kostenlos bei der Unabhängigen Landesanstalt für das Rundfunkwesen in Schleswig-Holstein, Hindenburgufer 85, 24105 Kiel, bezogen werden.