Dokumentation
: Sumpfohreule bei Mondschein bald legal ? werden

■ Wer hat schon was gegen schwirrende Mosaikjungfern? Gerold Janssen beantragt jetzt ganz ordentlich seine Straßenmalereien für die Rettung von Uni-Ost

Zuletzt wurde er zu einer Geldstrafe von 200 Mark verdonnert – das Malen von Schildkröten auf das Straßenpflaster vor Siemens ist verboten, befand das Gericht. Das soll Umweltschützer Gerold Janssen, im Auftrag der Rettung des Uni-Ost-Geländes vor dem Siemens-Konzern, nicht noch einmal passieren: Seine zweite Malaktion für Uni-Ost soll anders werden. Noch bunter. Noch größer. Wir dokumentieren seinen diesbezüglichen Eilantrag.

Hiermit beantrage ich eine auf diesen Sommer/Herbst beschränkte Genehmigung für kunstlerische Betätigung durch Malereien auf dem Kuhgrabenweg und auf dem Jan-Reimers-Wanderweg zwischen der A 27 und der Straße am Lehester Deich. Hierbei handelt es sich um Motive Bremer Künstler, die bereits am 18.10.94 rund um das Siemens-Hochhaus von Umweltschützern auf das Pflaster ausgebracht wurden, die aber später politischem Vandalentum zum Opfer fielen. Das öffentliche Interesse an diesen Darstellungen bedrohter Flora und Fauna aus dem Biotop-Areal Uni- Ost ist sehr groß. Es handelt sich u.a. um folgende Motive:

–Röhricht – Stichlingspärchen – mümmelnder Hase – fliegende Fledermäuse – Grasfrosch, nackt – schwirrende Mosaikjungfer – schreitender Fasan – grasender Igel vor Fallturm-Silhouette – Sumpfohreule bei Mondschein – ferner von Nachwuchsküstlern: segelnder Bussard und Falke im Sturzflug.

Die Malereien sollen dazu dienen, die Bürger zur Wachsamkeit für die bedrohte Natur wachzurütteln, den zivilen Ungehorsam als Bürgerpflicht für eine saubere Demokratie heraus- zufordern – darüber hinaus aber auch die wirtschaftliche Attraktivität Bremens zu steigern: Bei entsprechender Initiative durch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft würden von nah und fern große, auch auswärtige Besuchermassen in die entsprechenden Gebiete von Hollerland und Blockland geführt, die bekanntlich auch nicht mit Kraftfahrzeugen (ohne Genehmigung) befahren werden dürfen, was wiederum ein Beitrag zum Abbau der akuten Ozon- und Smoggefahren wäre.

Dieser Antrag stützt sich auch auf Empfehlungen von Staatsanwalt von Bock und Polach sowie des Amtsrichters Wulf. Im Bußgeldprozeß gegen mich wegen einer künstlerischen Aktion vor dem Siemens- Hochhaus war von diesen Herrn in Vorschlag gebracht worden, für ähnliche Aktionen künftig eine offizielle Genehmigung einzuholen wie weiland der bekannte Karikaturist Til Mette (taz) für seine großflächige Straßenmalerei in der Ostertorstrasse beim Polizeihaus. Amtsrichter Wulf neigte mehr zur Verwendung von Kalkfarbe statt anderer von mir verwandten Wasserfarben. Beide Herren waren auch von der Notwendigkeit zivilen Ungehorsams gegen politische Unbill überzeugt, wenn sie es auch nur versteckt äußerten.

Wegen der andauernden Finanzmisere der Hansestadt ist eine rasche Entscheidung erforderlich, um noch die Schönwettersaison zu nutzen, damit Geld in die Bremer Kassen kommt. Durch die Ferienzeit in den Ämtern könnte die Bearbeitung des Antrages verzögert werden.

Da ich jedoch kaum mit einer Ablehnung rechne, gehe ich von einer Vorabgenehmigung aus, falls nicht bis zum 15.8.94 ein gegenteiliger Bescheid erfolgt.

Foto: Herve Maillet