Wasserverbrauch sinkt seit Jahren

■ Auch in diesem Jahrhundertsommer keine dramatische Zunahme / 1993 wurden 25 Millionen Kubikmeter Wasser weniger verbraucht als 1992 / Größter Konsument sind die privaten Haushalte

Die Sonne strahlt unbarmherzig auf Berlin, die Menschen schwitzen und nutzen jede Gelegenheit, sich zu erfrischen. „Wasserhähne auf“, so könnte man angesichts der heißen Temperaturen der letzten Wochen meinen, hieße die Devise der Berliner.

Doch weit gefehlt: Die Bewohner der Stadt geben sich umweltbewußter als erwartet. Der Wasserverbrauch der Stadt hat zwar in den letzten Wochen zugenommen, ist aber „weniger dramatisch, als gemeinhin gedacht wird“, so der Sprecher der Berliner Wasser-Betriebe (BWB), Günther Rudolf, gegenüber der taz. Dies sei auch dem Umstand zu verdanken, daß die heißesten Tage in die Schulferien fielen und viele Bewohner im Urlaub seien.

Der bislang größte Verbrauch wurde am 1. August mit 1,2 Millionen Kubikmeter Wasser gezählt. Das ist nach Berechnungen der Wasserwerke zusammengenommen kaum mehr als der Spitzenwert des damaligen West-Berlin vom heißen Sommer 1983. Im Jahresdurchnitt werden im Ost- und Westteil Berlins täglich rund 700.000 Kubikmeter Wasser von privaten Haushalten, Behörden, Verwaltungen, Industrie und Gewerbe verbraucht.

Daß die BWB seit Jahren kontinuierlich weniger Naß durch ihre Leitungen fließen läßt, hat laut Rudolf mehrere Gründe: Zunehmendes Umweltbewußtsein der Bürger, wassersparendere Geräte in Haushalt und Industrie sowie verbesserte Kreisläufe, etwa durch Wiedergewinnung von Nutzwasser. So sank der Verbrauch im vergangenen Jahr auf 246 Millionen Kubikmeter, das sind rund 25 Millionen weniger als 1992. Größter Konsument sind mit einem Anteil von über fünfzig Prozent die privaten Haushalte. Benötigte der Berliner vor zwei Jahren pro Kopf 138 Liter, waren es 1993 nur noch 131 Liter.

Zu spüren bekommen die Wasserwerke auch die Industrieschließungen in Ost und West. Hier ging der Verbrauch von 1992 auf 1993 um sieben Millionen auf 33 Millionen Kubikmeter zurück. Die Freude über die rückläufigen Zahlen fällt bei den Verantwortlichen jedoch eher verhalten aus. Eine „schizophrene Situation“ konstatiert Rudolf: Einerseits propagiere man den sparsamen Umgang mit dem lebensnotwendigen Gut, andererseits sei man ein wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen. Doch gerade bei den Bilanzen sieht es – was den noch nicht veröffentlichten Jahresbericht für 1993 angeht – keineswegs rosig aus. Auf 134 Millionen Mark beziffert Rudolf die nunmehr aufgelaufenen Defizite. Zum Vergleich: 1992 erwirtschafteten die Wasserwerke ein Minus von 35 Millionen Mark – mit der damaligen Vorgabe, die Verluste auszugleichen. Severin Weiland