■ Daumenkino: Rapa Nui
Erich von Dänikens ganze Hoffnung lag, wie Sie wissen, in den sogenannten Steinköppen auf der sogenannten Osterinsel. Von Däneken hatte verständlicherweise den Eindruck, daß aus diesen hohlen Augen von anderswoher auf uns geschaut wird, daß wir also nicht allein sind. Das allein ist schon gut. Hinzu kommt, daß seit 690 u.Z. dort Menschen wohnen, die man wenige Jahrhunderte später schon klar und säuberlich in „Kurzohren“ und „Langohren“ einteilen konnte. Als sei das nicht genug, besagt eine Legende, daß ein gewisser polynesischer Häuptling mit dem völlig folgerichtigen Namen Großer Vater mit seinen Gefolgsleuten dort einzog, was nicht ohne ist. Ich meine, es liegen immerhin jeweils zweitausendfünfhundert Meilen Ozean auf jeder Seite. (Wenn es nur auf einer Seite wäre, könnte man nicht von Insel sprechen, sondern müßte von Osterbusen oder Osterzunge oder Osterlagune sprechen.)
In dem von Kevin Costner produzierten Rapa Nui werden die, die mit den Steinköppen tanzen, mit einiger Emphase bedacht. Die im Film dargestellten Ereignisse fanden im 18. Jahrhundert statt, als die Holländer auf der Insel landeten. Kurzohren und Langohren wurden in Arbeitsbienen und Elite aufgeteilt. Oscar-Preisträger Peter Frampton war für die Maske zuständig und brachte Tausende von Ohrmuscheln aus Latex mit, die er einer erklecklichen Zahl schöner Einheimischer dann anheften konnte. „Man versucht sich natürlich weitgehend mit allem einzudecken, was man braucht, denn ausgefallene Materialien wie diese kann man nicht einfach im nächsten Laden an der Ecke nachkaufen.“ In Anbetracht der wenigen auf der Insel zur Verfügung stehenden Mittel überlegte er, notfalls gefärbte Weingummi-Masse zu nehmen. Doch das war am Ende gar nicht notwendig, da er gebrauchte Ohrmuscheln wiederverwenden und sie mit ein wenig Lassoband hinter dem Ohrläppchen zu befestigen in der Lage war.
Es waren aber natürlich die, die mit den kürzeren Ohren tanzten, die diese vielen Steinbeißer zurechtklopfen mußten. Nun verliebt sich natürlich ein Langohr in ein schönes Kurzohr mit Lendenschurz und kleinen Dschungel-Brüstchen, für die es sich einfach herrlich in den Wettkampf treten und von Felsen spritzen läßt.
Als wäre das nicht bei weitem genug, kommt noch ein Öko-Epos hinzu. Der junge Sowieso macht sich Sorgen, daß sein Stammesvater für die Herstellung riesiger Steinköppe zu viele Ressourcen verbraucht. Außerdem will er die schöne Ramana, um womöglich mit ihr zu ramenen. Das aber will Make auch. Und schon gibt es den schönsten Zank und Streit, in welchem dann, hast du nicht gesehen, die Eingeborenen allenthalben beginnen, miteinander so recht zu hauen und zu stechen. mn
„Rapa Nui“. Regie: Kevin Reynolds. Mit Esai Morales, u.a. USA 1994, 107 Min.
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