■ Mit nigerianischem Öl auf du und du
: Politisch entflammbar

Berlin (taz) – Erdöl wird teurer, der Preis für das Barrel (159 Liter) kletterte von 16 auf 18 Dollar. Die Benzinpreise steigen bereits, in Deutschland nehmen die Tankstellen ab sofort vier Pfennig mehr für den Liter. Schuld ist die Militärdiktatur in Nigeria. Die nigerianischen Ölarbeiter traten vor gut fünf Wochen in einen Streik, nachdem die Machthaber den Gewinner der letztjährigen Präsidentschaftswahlen, Moshood Abiola, verhafteten und des Hochverrats anklagten.

Die Ölkonzerne – Shell, Mobil und Chevron sind die drei größten in Nigeria – sitzen nun zwischen zwei Stühlen. Einerseits können sie es sich nicht mit der Regierung in Lagos verscherzen, denn dieser gehören 58 Prozent der gemeinsamen Ölförderfirmen. Die Manager wollen daher jeden Eindruck vermeiden, die Streikenden zu unterstützen, die nicht nur Abiolas Freilassung fordern, sondern auch die Militärregierung endlich abdanken sehen wollen.

Andererseits wollen sie auch nicht ihre Angestellten und die Gewerkschaften gegen sich aufbringen. Denn mit denen müssen die Konzerne noch zusammenarbeiten, auch wenn das Regime in Lagos längst verschwunden ist.

Shell versuchte zu Beginn des Streiks noch, die Produktion mit Hilfe von ausländischen Arbeitern und angeheuerten Streikbrechern aufrechtzuerhalten. Nach einigen Drohungen und tätlichen Angriffen gegen Streikbrecher jedoch wurde das Management vorsichtiger. Inzwischen fördert Shell, das allein etwa die Hälfte der gesamten nigerianischen Ölproduktion bestreitet, nur noch halb soviel wie früher, täglich 500.000 Barrel weniger.

Das ist nicht nur schlecht für Shell. Noch mehr Probleme bereitet der Streik den Militärmachthabern, finanziert sich doch der Staat zu 80 Prozent aus Ölverkäufen; 90 Prozent der Deviseneinnahmen erwirtschaftet das hoch verschuldete Land durch Ölexporte. Die Regierung hat daher angeboten, die Ölfelder militärisch zu schützen.

Aber das will Shell nun auch wieder nicht, um die eigenen Arbeiter nicht gegen sich aufzubringen. Außerdem fürchtet der Chef der nigerianischen Shell- Tochter, Brian Anderson, dann Sabotage. Davor könnten die Soldaten keinen Schutz bieten, weil die Ölfelder unübersichtlich im Niger-Delta verstreut liegen. Öl pumpen daher jetzt fast nur die Bohrtürme vor der Küste nach oben.

Mittelfristig werden sich durch die politischen Unruhen in Nigeria die ausländischen Investitionen weiter verringern. Entwicklungshilfe für die Militärdiktatur gibt es ohnehin praktisch nicht mehr. Das afrikanische Wirtschaftswunder, das dem rohstoffreichen Nigeria mit dem riesigen Binnenmarkt schon so oft vorausgesagt wurde, wird weiter auf sich warten lassen. Nicola Liebert