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Alle müssen Zivilcourage zeigen

■ Der Vizevorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Horst-Udo Ahlers, zu einem generellen Demonstrationsverbot am Samstag

Vor dem Hintergrund angekündigter rechtsextremistischer Versammlungen zum Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß sprach sich der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Hermann Lutz, für ein flächendeckendes Versammlungsverbot aus. Lutz forderte die Innenminister der Bundesrepublik auf, „flächendeckend nur für diesen Anlaß ein Versammlungsverbot zu erlassen“. Nordrhein-Westfalens Innenministers Herbert Schnoor erklärte gestern, Bund und Länder hätten verabredet, Kundgebungen Rechtsextremer am kommenden Samstag zu verhindern: „Das braune Gespenst wird nicht marschieren.“

taz: Herr Ahlers, der Bundesvorsitzende Ihrer Gewerkschaft hat für den Samstag ein bundesweites Demonstrationsverbot gefordert. Wollen Sie das Demonstrationsrecht einigen hundert Neonazis opfern?

Ahlers: Nein, in keiner Weise. Wir richten unseren Appell an alle zuständigen Behörden, solche Veranstaltungen zu verbieten. Darüber hinaus fordern wir diejenigen auf, die Hallen und Gaststätten zur Verfügung stellen könnten, dieses nicht zu tun. Wir fordern sie auf, Zivilcourage zu zeigen und auf mögliche Tantiemen aus solchen Veranstaltungen zu verzichten. Hier ist es die Stunde aller Demokraten, diesem schlimmen Spuk ein Ende zu bereiten.

Müssen wir wie im letzten Jahr in Fulda mit einem Katz-und- Maus-Spiel zwischen Rechtsextremen und Polizei rechnen, das dann in einem Aufmarsch mündet, ohne daß die Polizei einschreitet?

Genehmigte Demonstrationen unter freiem Himmel muß die Polizei schützen, solange aus ihnen heraus keine Ordnungswidrigkeiten oder Vergehen begangen werden. Deswegen fordern wir ja die Behörden auf, solche Veranstaltungen zu verbieten. Ansonsten kommt die Polizei in eine außerordentlich schwierige Lage. Wir wissen doch genau, daß die Rechtsextremen mit der Durchführung von Veranstaltungen dieser Art sehr gut umgehen können. Wir wissen auch, daß diese Gruppen nach entsprechenden Verboten dann zu den Verwaltungsgerichten laufen werden. Als Gewerkschaft können wir aber nicht mehr tun, als darauf aufmerksam zu machen, daß Neonazi-Aufmärsche an sogenannten Gedenktagen nach unserer Auffassung verboten werden müssen.

Nach dem Aufmarsch in Fulda machten in Magdeburg Skinheads unter den Augen der Polizei Jagd auf Ausländer. Ist die Polizei auf dem rechten Auge blind?

Nein. Die Vorfälle dieser Art sind zwischenzeitlich genau nachvollzogen und überprüft worden. Da, wo Beamte gefehlt haben, sind auch Maßnahmen eingeleitet worden. Ich erinnere an die letzte Maßnahme in Magdeburg*. Interview: wg.

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