Gleiche Rechte vor Gericht

■ „Weißer Ring“ fordert analog zum Pflichtverteidiger für Täter auch den staatlichen Anwalt für das Opfer

Unter dem Motto „Handeln statt Reden“ forderte der „Weiße Ring“ gestern erneut die Verbesserung des Opferentschädigungsgesetzes. Der Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern würdigte sich selbst für seine 15jährige Arbeit in der Hansestadt. Dabei kritisierte Dieter Eppenstein, Generalsekretär des „Weißen Rings“ aus Mainz, die Benachteiligung der Opfer: „Wir wollen eine Verbesserung des Opferentschädigungsgesetzes. Es muß zum Beispiel einen Opferanwalt auf Staatskosten geben, wenn der Täter einen Pflichtverteidiger gestellt bekommt“.

Heinz Baumgart, Regionalbeauftragter der Hamburger Sektion des „Weißen Rings“, zeichnet ein düsteres Bild der gesellschaftlichen Gegenwart: „Noch nie sind so viele Menschen gedemütigt, gequält und geschlagen worden wie heute“. Zwar sei die Gesamtkriminalitätsrate in Hamburg erfreulicherweise um sieben Prozent zurückgegangen, doch die Gewaltkriminalität habe fast um das Doppelte zugenommen.

1993 konnte der „Weiße Ring“, der sich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Gerichtszuweisungen finanziert, 787 Opfern helfen. Insgesamt wurden in Hamburg 9.210 Menschen Opfer von Gewalttaten. „Hiervon haben nur 667 einen Antrag an das Versorgungsamt nach dem Opferentschädigungsgesetz gestellt, doch das Versorgungsamt hat nur 261 Anträge bewilligt“, beklagt Baumgart.

Die geringe staatliche Hilfe erklärt Jürgen Fürbach, stellvertretender Leiter des Versorgungsamtes Hamburg, mit der Gesetzeslage: „Eine Entschädigung erhält nur jemand, der bei einer vorsätzlichen Straftat dauerhafte gesundheitliche Schädigungen davonträgt.“ Außerdem müsse das Opfer an der Aufklärung der Straftat mitwirken, erläuterte Fürbach.

Durch diese juristische Regelung kann vielen Opfern nicht geholfen werden. Deshalb ist der „Weiße Ring“ der Meinung, daß das Opferentschädigungsgesetz verbessert werden muß und die Kriminalitätsopfer von allen staatlichen Stellen auf ihre Rechte hingewiesen werden sollten.

Um diese Forderung durchzusetzen, verschickt der „Weiße Ring“ in diesen Tagen Postkarten an 300.000 BürgerInnen mit den zentralen Forderungen des Vereines. Die Karten sollen wiederum an die jeweils zuständigen Bundestagsabgeordneten weitergeschickt werden.

Tammo Löffler