Til Mettes Flurbereinigung

■ Wandbemalung im Umweltressort: Staatsrat beschwingt gegen grüne Männchen

Seit einigen Tagen hält sich ein berühmter Sohn dieser Stadt mit konstanter Boshaftigkeit im Eingangsbereich des Gebäudes auf, das dem Senator für Umweltschutz und Stadtentwicklung als Amtssitz dient. Was treibt Til Mette um, hat der taz-Karikaturist nichts besseres zu tun? Tatsächlich macht er dort das, was er immer tut, wenn er nicht gerade mit seinem Motorrad unterwegs ist: Er betreibt politische Flurbereinigung. Und so erstrahlt das bislang öde, nicht einmal mit einem einzigen grünen Punkt versehene, quasi ins Nichts führende Entrée der Behörde nunmehr im neuen Glanz humoristischer Farbigkeit.

Die codierte Tonne, mein Freund, der Baum, das aufgeklärte Baby, das als erstes Wort „Öko“ brabbelt, kurz: Abbilder der Umwelt, die hier in gold, rosé und schimmelblö recycled werden. Eine Farbkomposition, die des Künstlers ganze Aufmerksamkeit forderte. Grün etwa kam überhaupt nicht in Frage. Til Mette überlegte, welche Farbe „am weitesten weg ist von dem, was das Haus des Umweltsenators ausstrahlt.“ Ergebnis: Gold. Und da gemäß Art. III, Abs. 1 „alle Engel im Himmel blau sind“, stand auch diese neben der Farbe des Fleisches fest.

So erscheint denn auch der auf deutschen Amtsstuben lebendige öffentliche Nahverkehr, der kurze Weg zwischen Kopf und Hintern, heiter abgetönt. Die arschkriechende Unterwürfigkeit hängt wie ein Orden am gelben Band, an dem sämtliche Einzelbilder entlanglaufen. Til Mette: „Das Ganze soll einen Rhythmus haben wie ein Film, wie bewegte Bilder, gleichmäßig, aber keinen Höhepunkt, vor dem man stehenbleibt. Die Bilder sollen vielmehr Schwingungen erzeugen ...“ Den Satz vollendet Gerold Janssen, der Presse gestern als Überraschungsgast präsentiert und von Künstler Til Mette mit einer Leerstelle beauftragt: „...damit die Leute hier schneller ins Büro kommen.“

Beim Staatsrat Manfred Morgenstern hat die Wirkung bereits eingesetzt: „Ich bin seit Tagen beschwingt“, beschreibt er seinen Zustand, den er vornehmlich auf „die vielen anregenden Gespräche mit dem Künstler Til Mette“ zurückführt. Befangen dagegen zeigte sich Hans Hildebrandt, Verwaltungsmitarbeiter und Sicherheitschef beim Umweltsenator. Er sah sein Einschreiten gefordert, nachdem Til ein Menschenabstraktum samt Pfeil genau unter einem grünen Fluchtmännchen plazierte, das in die Gegenrichtung nach draußen weist. Hildebrandt fürchtet offensichtlich, daß BesucherInnen oder MitarbeiterInnen des Senats Tils Zeichnung falsch deuten und vor die Wand laufen könnten. Der Sicherheitschef, sich auf den Auftrag des Hausbesitzers, eines Versicherungskonzerns, berufend, plädierte daher für Übertünchen der Kunst.

Ob er dabei bleibt, ist unklar, denn mit der taz wollte Hildebrandt darüber nicht reden. Pressesprecher Lübbing dagegen mißt „der Sache keine große Bedeutung zu“. Das meint auch Staatsrat Morgenstern und gibt trocken zu Protokoll: „Alle MitarbeiterInnen haben bislang den Ausgang gefunden.“ Ob der einmal entfachte Hildebrand ein Nachspiel für den Künstler haben wird? „Vielleicht muß man sein Honorar mindern“, grinst der Staatsrat zu Til Mette rüber. Aber seiner Meinung nach weise der Pfeil des Kunstwerkes schon in die richtige Richtung: „Der richtige Fluchtweg ist in die Behörde rein.“ Schließlich lebe das Umweltressort wesentlich von der Kommunikation mit den BürgerInnen, und die hätten den Eingang ante Til erst gar nicht gefunden. Übereinstimmend erklärten denn auch befragte Paare, PassantInnen das inkriminierte Bild für unproblematisch, die Arbeiten seien insgesamt prima.

Der Künstler selbst, bekanntermaßen friedvoll, zeigt sich unerbittlich im Kampf um die Freiheit der Kunst: „Allein durch diese Geschichte gehört dieses Bild ins Haus. Ich werde es nur unter einer Bedingung entfernen, nämlich daß man mir ein Formular vorlegt, das vor meiner Arbeit hier entstanden ist und das Verbot enthält: Man darf ein goldenes Männchen nicht gegen einen goldenen Kasten laufen lassen.“ Gibt's bestimmt nicht, wähnt sich der Künstler im Höhenflug vor Hildebränden und Versicherungsgesellschaften sicher. Doch Staatsrat Morgenstern hat andere Erfahrungen: „Die Behörden“, warnt er, „haben schließlich viel Übung im Formulieren rückwirkender Erlasse.“ dah