■ Das Portrait
: Anthony Fauci

Aids-Forscher in den USA Foto: Marco Limberg/Xpress

Selbstverständlich nimmt Anthony Fauci in der Mitte der Pressetribüne Platz: ein Lächeln und Shakehands für die Reporter von CNN und New York Times – der Chef des US-Instituts für Allergie- und Infektionskrankheiten gilt als Nummer 1 der amerikanischen Aidsforschung und damit als Nummer 1 der Welt. Sein Auftritt bei der Welt-Aids-Konferenz in Yokohama – druckreife Wissenschaft in manuskriptfreier Rede – ist so angelegt, daß niemand an diesem Ruf zu zweifeln wagt.

Mit seinem Thema Pathogenese, also Entstehung und Verlauf der Aids-Krankheit, hat er es in Yokohama denn auch nicht schwer. Zu einer Zeit, da bei Medikamenten und Impfstoffen wenig neue Ergebnisse vorliegen, kommt die Rückbesinnung auf Basiserkenntnisse gut an. Fauci muß deshalb auch nicht – wie viele andere Forscher – mit Finanzierungsschwierigkeiten rechnen. Aber hat der ehrgeizige Superdoktor deshalb schon den Heiligenschein verdient, den er durch die Kongreßhallen zu tragen scheint?

Wäre Fauci nicht Star der Konferenz, hätte er zur umstrittensten Figur von Yokohama avancieren können. Denn in Vertretung der US- Gesundheitsbehörde hatte er im Juni den Stopp der von vielen herbeigesehnten Aids- Impfstoffversuche angeordnet, obwohl seine Stimme ausgereicht hätte, die geplanten Tests der Firma Genentech bei fünftausend Patienten in den USA doch noch durchzuführen.

„Das ethische Problem ist überall auf der Welt das gleiche“, so Fauci in Yokohama auf die Frage, ob die Impftests nun in der Dritten Welt stattfänden. „Aber natürlich macht es einen Unterschied, ob 1 Prozent der Bevölkerung vom Virus betroffen ist oder ob es 15 Prozent sind. Die Risikobereitschaft ist dann möglicherweise größer.“

Doktor Fauci ähnelt hier ein bißchen dem Doktor Faust. Denn was der Forscher in Yokohama bewußt verschwieg: jeder Impfstofftest in der Dritten Welt, gerade wenn er Nachbehandlungsrisiken birgt, wird die Patienten größeren Gefahren aussetzen als in den USA. Unerwähnt blieb auch, daß sich die in den USA entwickelten Impfstoffe auf Typ B des HIV-Virus konzentrieren, der in den USA häufiger vorkommt als in den meisten Dritte-Welt-Ländern.

Fauci mag ein guter Forscher sein, doch zum Oberbekämpfer der Aids-Krankheit taugt er nicht gerade. Georg Blume