„Keine Gegner“

■ Hamburgs Aids-Pastor zieht Bilanz

Rainer Jarchow ist nicht unzufrieden. Der Hamburger Pastor, Deutschlands erster Seelsorger für HIV-Infizierte und Aids-Kranke, zog nach gut hundert Tagen im Amt Bilanz: „Eigentlich bin ich immer noch überrascht, wie offen die Reaktionen von allen Seiten sind; es scheint keine Gegner meiner Arbeit zu geben“, so Jarchow in einem dpa-Gespräch. Von vielen Gemeinden erhält er Einladungen, bei ihnen Aids-Gottesdienste zu halten: „Bis Februar nächsten Jahres bin ich fast ausgebucht.“

Kernstück seiner Arbeit ist für Jarchow der Aids-Gottesdienst an jedem letzten Sonntag im Monat in der St. Georgskirche: „Durch diese Gottesdienste kommen Betroffene und nichtbetroffene Gemeindemitglieder einander näher, und danach kommen auch mehr Leute in meine Sprechstunde.“

Dort geht es nicht selten um Themen, die für Nichtbetroffene oft einen erschreckenden Beiklang haben: „Manchmal möchte einer mit mir über seine Beerdigung sprechen“, sagt der Seelsorger. Trauernde Hinterbliebene suchen Trost bei ihm, Infizierte eine Perspektive, Paare mit einem infizierten Partner Beratung. Verbessert werden muß nach Einschätzung von Jarchow die ambulante Versorgung der Aids-Kranken in Hamburg. Denn die wird von den Kassen bisher bei weitem nicht kostendeckend bezahlt. Hier sollten, meint Jarchow, Stadt und Krankenkassen bewegt werden, Geld zu geben.

Hoffnung setzt der Geistliche auch in das Projekt „Hamburg Leuchtfeuer“, das für HIV-Infizierte und Aids-Kranke ein Wohnprojekt und ein Sterbehospiz gründen will: „Vor allem das Wohnprojekt hat schon Form angenommen“, freut sich Jarchow. Die Aids-Hilfe Hamburg hat bereits ein Haus mit insgesamt 30 Wohnungen erworben. Fünf dieser Wohnungen werden zur Zeit behindertengerecht umgebaut, die ersten HIV-Infizierten ziehen im Herbst ein. smv/lno