Sozialarbeiter künftig als Hausmeister

■ Erstbetreuung minderjähriger Flüchtlinge wird drastisch verschlechtert

Über die Erstbetreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge (MUF) verlor Jugendsenatorin Rosemarie Raab kein Wort, als sie am 21. Juli ihren Haushalt bekanntgab. Kein Wunder, wird doch diese Arbeit aus einem behördenübergreifenden Etat für Flüchtlinge bezahlt, dem Haushaltstitel Z 61. Und daß dieser der Sozialbehörde unterstellte Topf um 22 Millionen Mark gekürzt wird, war längst bekannt.

Weniger allerdings, was dies für die Trägervereine bedeutet, die derzeit 383 jugendliche Flüchtlinge in ihrer Obhut haben. Tags darauf wurde es ihnen bei einem Gespräch im Amt für Jugend erläutert: Die Zahl der Kinder, die ein Sozialarbeiter zu betreuen hat, wird um fast 50 Prozent erhöht. Betrug das Verhältnis bisher 1 zu 2,9, so soll es künftig 1 zu 4,5 betragen. Die Folge: In einer Wohngruppe, in der bisher 16 Kinder und Jugendliche leben, müßten es künftig 25 sein.

Diese Einschnitte würden „nicht den fachlichen Interessen der Jugendbehörde entsprechen“, klärte Abteilungsleiter Jürgen Treude seine Zuhörer auf. Es gebe aber keine Spielräume mehr, da insbesondere die Betreuungsstandards bei minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen ins „Blickfeld der politisch Verantwortlichen geraten“ seien - so festgehalten in einem Wortprotokoll. Die Jugendbehörde dementierte die Sparpläne gestern nicht.

Die betroffenen Sozialarbeiter sind geschockt: „So sehr wir auf unsere Arbeitsplätze angewiesen sind, können und wollen wir bei dem hier Geplanten nicht mehr mitmachen“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme von Sabine Kohlhof, Vorstandsfrau von Jugendhilfe e.V., einem Verein, bei dem allein 120 Kinder untergebracht sind. Müsse doch von den 5,5 Stellen, die derzeit für 16 Jugendliche zur Verfügung stehen, eine Rund-um-die-Uhr Betreuung an sieben Tagen in der Woche gewährleistet sein - Freizeitangebote, Betreuung von psychisch gestörten Jugendlichen und banale Lebenshilfen im ungewohnten deutschen Alltag inbegriffen. Für deutsche Jugendliche mit erhöhtem Betreuungsbedarf gilt dagegen ein Personalschlüssel von 1 zu 2,14.

„Die Kürzung des Stellenschlüssels würde unsere Arbeit auf Hausmeistertätigkeit reduzieren“, heißt es auch in einer Stellungnahme von Betreuern des Hamburger Flüchtlingsrates. Begleitung zu Behörden, Rechtsanwälten und Ärzten wäre kaum mehr möglich. Doch gerade die Asylgesetzgebung erfordert die Hilfe durch Sozialarbeiter.

Doch noch bleibt ein Hoffnungsschimmer, daß die Sparmaßnahmen abgewendet werden könnten. Immerhin hat Senatorin Raab angekündigt, sie wolle nach den Ferien mit den Trägern persönlich sprechen. Um dafür „Forderungen zu formulieren“, lädt der Flüchtlingsrat am Montag um 19 Uhr 30 zu einem Treffen in die Werkstatt 3. kaj