Trillern kommt nicht so gut

■ Telefonterror: Kripo rät zu Fangschaltung, Telekom zu Anrufbeantworter

“Körperliche Gewalt wendet von denen keiner an. Deren Waffe ist das Telefon.“ Die Kripobeamten Hans-Joachim Pätzold, Leiter des K32, und sein Stellvertreter Werner Meyer verfügen über viel Erfahrung mit jenen Männern, die vorwiegend Frauen und Mädchen anrufen, um sich an deren Angst und Unsicherheit sexuell zu befriedigen. Pätzold, so sagt er, nimmt jeden Fall ernst. Er ärgert sich, wenn er hört, daß Frauen auf dem Polizeirevier abgewimmelt worden seien. Dem K32 werden allerdings unerwartet wenig Fälle von Telefonterror gemeldet werden: 1993 waren es etwa 20, eine Zahl, die jedoch in diesem Jahr bereits überschritten ist. Daß die im Erdgeschoß gelegene Beratungsstelle der Kripo der taz gegenüber die Anzahl auf etwa zehn pro Woche beziffert, wundert die Beamten vom K32 in der zweiten Etage.

Eine mögliche Erklärung: Die Frauen suchen Rat, scheuen sich aber vor einer Anzeige. Pätzold: „Die Dunkelziffer ist hier wohl noch höher als bei anderen Verstößen gegen die sexuelle Selbstbestimmung.“

Viele Frauen schämen sich im Nachhinein dafür, auf die allerdings oft ausgeklügelten Versionen der Täter zunächst hereingefallen zu sein. Der eine meldet sich als Gynäkologe mit behördlichem Untersuchungsauftrag, der andere gibt sich als Polizeibeamter aus, der eine Vergewaltigung zu ermitteln hat. Was im vergangenen Jahr in Bremen noch ein Novum war, hat sich in diesem Jahr fortgesetzt – die Belästigung ganzer Schulklassen.

Der Täter liest die Anschriften auf den Schulranzen, oder er ruft eins der Mädchen an und läßt sich unter irgendeinem Vorwand die Telefonnummern der Klassenkameradinnen geben. Fortan belästigt er entweder die 12- 14jährigen direkt oder aber deren Mütter. Das, zitiert Kripobeamter Pätzold die Täter, sieht dann so aus: „Ich habe ihr Kind in der Gewalt. Wenn Sie nicht dies und das tun, vergewaltige ich Ihre Tochter.“ Die Polizei rät Kindern und Eltern, Telefonnummern von SchülerInnen nicht weiterzugeben.

Als Telefontäter entpuppen sich oft verschmähte Liebhaber, Ex-Freunde, der böse Nachbar. Allerdings registriert die Polizei mehrheitlich Männer, die im Umfeld der Frau sonst gar nicht auftauchen. „Es gibt welche, die im ganzen Bundesgebiet anrufen“, versichert Meyer, „triebhafte Psychopathen“. Da könne eine Geldstrafe nichts ausrichten, zu der sich in aller Regel die Gerichte entschließen. Die Justiz gehe ohnehin, bedauern die Beamten übereinstimmend, häufig zu lasch gegen Telefontäter vor.

Kritik aber formulieren die Beamten auch nach innen: Die Vorschläge zur Prävention, nachzulesen in einem Info-Blatt der Polizei, seien nur teilweise empfehlenswert. Das schnelle Auflegen des Telefonhörers sei unbedingt etwa dem „Pfeifen mit einer Trillerpfeife in die Telefonmuschel“ vorzuziehen.

Das beste Rezept sei, das Gespräch abzubrechen, schließlich sitze der Täter am anderen Ende der Leitung, um zu onanieren. Sollte der Täter wieder und mehrfach anrufen, empfiehlt die Polizei, eine Fangschaltung zu beantragen. Bei angezeigten Fällen übernimmt meistens der Staat die Kosten.

Sollte die Frau auf die Polizei verzichten wollen, kann sie bei der Telekom eine Fangschaltung beantragen. Kosten: Für den ersten Tag 20 Mark, für den zweiten bis vierten Tag 10 Mark, für den fünften bis neunten Tag 5 Mark, danach unverändert 10 Mark.

Joachim Gröger, Leiter der Dienststelle Telekom, hat einen besseren, „bombensicheren Tip“: „Bei mir rufen hier pro Woche 30 bis 40 Leute an, die belästigt werden. Ich rate allen zu einem Anrufbeantworter.“ Da könne man erstmal abwarten, wer sich meldet. „Wenn es der Täter ist, kann man gleich auf Löschen stellen, und man muß sich den Mist nicht anhören. In 80 Prozent der Fälle, wo der –Eiserne Heinrich' angeschafft wurde, hörten die Belästigungen auf.“ dah