Die Lieblinge der Franzosen

Die französische Fremdenlegion kann vom Staatspräsidenten eigenmächtig in alle Welt geschickt werden / Ein Vaterland für 8.500 Soldaten  ■ Aus Paris Bettina Kaps

Wenn die Fremdenlegionäre am 14. Juli gemessenen Schrittes über die Champs-Élysées defilieren, braust heftiger Applaus auf. „Das war schon immer so“, sagt sergent de chef Günter Bartling zufrieden: „Bei der Parade gibt es zwei Lieblinge der Franzosen: die Pariser Feuerwehrleute und uns, die Legionäre. Die Leute belohnen uns für das, was wir für das Land tun.“

Der deutschstämmige Legionär ist stolz darauf, daß er am diesjährigen Nationalfeiertag in Paris an der Spitze der Pioniere marschieren durfte. Getragene Musik, die eindrucksvollen Vollbärte der Pioniere, ihre Lederschürzen – das Brimborium gibt den Legionären an diesem Tag einen folkloristischen Anstrich. Die Berichterstatter erinnern nur zu gern an die Legenden, welche das traditionsreiche Korps umranken.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute schmiedet die Legion nicht mehr abenteuerlustige Adelige, Bischöfe, Dichter und Mörder zusammen. Statt dessen zieht sie vor allem arbeits- und orientierungslose Männer an, die hier Halt und Sicherheit suchen. Nach offiziellen Angaben wollen sich jedes Jahr 7.500 Kandidaten zu Söldnern drillen lassen, die meisten aus Osteuropa und aus dem ehemaligen Jugoslawien. Doch nur 1.200 werden in die 8.500 Mann starke Elitetruppe aufgenommen, die als härter gilt als die amerikanischen Ledernacken. „Es gibt keine einzige Kampftruppe, die die Fremdenlegion an kriegerischer Leistung, Professionalität und Mut übertrifft“, lobte selbst die US- amerikanische Marinezeitschrift die französische Konkurrenz.

An der Grundidee hat sich bis heute nichts geändert. Traditionsgemäß dürfen in der Fremdenlegion keine Franzosen dienen, abgesehen natürlich von den Offizieren. Als die Legion 1830 zur Unterstützung der Eroberungskriege gegründet wurde, wollte Frankreich die eigenen Söhne davor bewahren, ihr Blut in den Kolonien zu vergießen. Legionäre haben keine Mütter. Wer in die Legion eintritt, ändert seinen Namen und verschwindet für seine Angehörigen. Das macht die Legion auch heute noch für die französischen Präsidenten so praktisch und leicht einsetzbar. Seit dem ersten Einsatz 1831 in Algerien, so brüstet sich die Legion, sind in den Kriegen rund um die Welt 35.000 Fremdenlegionäre gefallen: jeder achte ist für die „Patria nostra“, für das Vaterland der Legionäre, in den Tod gegangen, wie es im soldatischen Ehrenkodex heißt.

Ein Drittel sind dennoch Franzosen. Das soll auch so bleiben, sagt Rekrutierungsoffizier Norbert Simonet, denn sonst sei nicht gewährleistet, daß die Ausländer die Befehlssprache lernen. Um der Tradition Genüge zu leisten, nehmen die Franzosen bei der Verpflichtungserklärung eine andere Nationalität an. „Hier bin ich Schweizer“, sagt ein junger französischer Koch nach der Militärparade auf den Champs-Élysées.

Im Gegenzug bietet die Legion Schutz vor Verfolgungen im zivilen Leben. Wer sich im bürgerlichen Leben strafbar gemacht hat, kann unter neuem Namen ein anderes Leben beginnen, doch „Perverse, Drogenabhängige oder Gewalttäter haben bei uns keine Chance“, sagt Pressesprecher René Tomatis. Umfangreiche medizinische, psychologische und technische Tests entscheiden, wer den Fünf-Jahres-Vertrag unterschreiben und unter französischem Oberkommando marschieren darf. Denn die Offiziere stammen überwiegend aus der regulären Armee, lediglich zehn Prozent des Fußvolks dürfen auch Karriere machen.

Die Berufssoldaten dienen als schnelle Einsatztruppe überall da, wo es brenzlig wird. Für den französischen Staat hat die Fremdenlegion unschätzbaren Wert: Zum einen setzt der Tod eines aus dem Ausland stammenden Legionärs viel weniger Emotionen und Proteste frei als etwa das Sterben eines jungen Wehrpflichtigen. Zum anderen kann der Staatspräsident die Legion ohne Zustimmung der Nationalversammlung jederzeit nach Belieben ausschicken – dies ist der grundsätzliche Unterschied zur regulären Armee, von der sich die Fremdenlegion ansonsten nicht unterscheidet. Ob im Golfkrieg, in Somalia oder Ruanda – wo immer Frankreich militärisch eingreift oder sich an internationalen Einsätzen beteiligt, ist die Legion an vorderster Front. Doch sie operiert auch in einem Dutzend weiterer Staaten, die nicht in den Schlagzeilen stehen, vorwiegend in Afrika. Oft sind es nur eine Handvoll Militärberater, die meist in der Nähe der amtierenden Machthaber eingesetzt werden, um diese zu stützen und den französischen Einfluß zu sichern. Was die Legionäre dort im einzelnen tun, bleibt auch der französischen Öffentlichkeit weitgehend verborgen.