Klimaflopp in Sichtweite

In sieben Monaten findet in Berlin die nächste Klimakonferenz statt / Bisher keine Vorschläge für ein verbindliches Klimaprotokoll  ■ Von Susanne Krispin

Berlin (taz) – Im Schwitzkasten am hochsommerlichen Wolfgangsee sollen selbst den Kanzler Zweifel am Wetter gepackt haben. Bewegt hat sich in Bonn klimapolitisch bisher wenig. Und das, obwohl die Bundesrepublik im März nächsten Jahres zur Weltklimakonferenz nach Berlin lädt. Damit das erste Rio-Folgetreffen kein Flopp wird, müssen konkrete Ziele und Maßnahmen auf den Tisch, um endlich die vage gehaltene Klimakonvention von Rio mit Inhalten zu füllen.

Dort ist bisher nur ganz unbestimmt festgeschrieben, daß die Staaten sich verpflichten, die CO2- Emissionen auf ein Maß zu reduzieren, das eine Störung des Klimasystems verhindert. In Artikel vier der Konvention ist lediglich die verklausulierte Verpflichtung der Industrieländer enthalten, ihre Emissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 zurückzuführen. Das dürfte jedoch nicht ausreichen, um das Ziel der Konvention, eine Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration, zu erreichen.

Noch bis Ende September können die 160 Vertragsstaaten der Konvention Vorschläge für ein verbindliches Klimaprotokoll beim UN-Sekretariat in Genf einreichen. Die Zahl der eingereichten Vorschläge bisher: null. Ob noch etwas zu erwarten ist, wird die nächste Vorbereitungskonferenz für den Berliner Gipfel zeigen, die am 22. August in Genf beginnt. Wenn überhaupt, dann werden dort die Weichen für eine weltweite Klimawende gestellt.

Gefragt sind vor allem die Industrieländer des Nordens. Hier, wo nur 20 Prozent der Weltbevölkerung leben, werden 80 Prozent der globalen Treibhausgase emittiert. Trotzdem halten gerade sie sich bisher zurück. Vor allem die USA monieren, der Zeitpunkt, um über konkrete Maßnahmen nachzudenken, sei zu früh. Die Staaten Osteuropas verweisen auf wirtschaftliche Schwierigkeiten.

Vorschläge sind vor allem von zwei Staatengruppen zu erwarten: den 36 Inselstaaten, die durch Trinidad und Tobago repräsentiert werden, sowie den EU-Ländern, Dänemark, Niederlande und der Bundesrepublik. In Dänemark sind sich Regierung und Umweltministerium einig, daß man die Forderungen, die bereits auf dem Klimagipfel von Toronto getroffen wurden, in den Ring werfen will. Demnach sollen sich die Industriestaaten des Westens (OECD) und Osteuropa verpflichten, ihre CO2- Emissionen um 20 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu senken. Eine Forderung, die von den Inselstaaten, deren Existenz durch einen treibhausbedingten Anstieg des Meeresspiegels gefährdet ist, unterstützt wird.

Doch die Dänen und die Niederländer wollen sich nur bewegen, wenn auch die Bundesrepublik mitzieht. Das Bonner Umweltministerium befürwortet ein Protokoll, in dem ein konkretes CO2-Reduktionsziel für die Industriestaaten festgeschrieben wird, sagt Sprecherin Sibylle Quenett. Aber „das muß nicht heißen, daß wir auch ein Protokoll einbringen werden“. Denkbar wären auch neue Standards für Großfeuerungsanlagen und die Einführung des 5-Liter-Autos. Debattiert wird außerdem die Begrenzung anderer Treibhausgase neben dem Kohlendioxid wie Methan und Lachgas wie auch über Standards für effizientere Haushaltsgeräte. Ob diese Überlegungen, die jetzt am Montag verschärft mit dem Wirtschaftsministerium debattiert werden, tatsächlich in ein Protokoll von bundesdeutscher Seite münden, bleibt fraglich. Immerhin ist man sich im Umweltministerium der Verantwortung als Gastgeber in Berlin bewußt.

Wesentlich weiter sind inzwischen die Nichtregierungsorganisationen. Sie haben sich, so Sascha Müller Kraenner, Geschäftsleiter des Deutschen Naturschutzringes, auch für die in Toronto vorgelegten Ziele ausgesprochen und ein Protokoll formuliert. Darin enthalten sind eine ökologische Steuerreform, die Förderung von erneuerbaren Energien, die Steigerung der Energieeffizienz und der Technologietransfer in die Entwicklungsländer. All dies wollen sie von den Vertragsstaaten der Konferenz in Berlin einfordern.