Neonazis zuhause – Antifas verhaftet

■ Antifa-Demo endete im Polizeigwahrsam / Zwei Hundertschaften kreisten im Steintor

22 TeilnehmerInnen der antifaschistischen Demonstration sind am Samstag vormittag auf dem Ziegenmarkt im Steintor-Viertel festgenommen worden. Dabei ist die Polizei überaus hart vorgegangen, berichteten BeobachterInnen. Die DemonstrantInnen seien teilweise gezielt mit Fäusten und Knüppeln traktiert worden. Die DemonstrantInnen hatten sich versammelt, um bei eventuellen Aktionen der Neonazi-Szene zum Tosdestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß eingreifen zu können. Die Demo war am Freitag vom Stadtamt verboten worden. Weitere 23 DemonstrantInnen wurden am Mittag vor dem Polizeihaus festgenommen. Sie hatten die Freilassung der anderen gefordert und hätten dabei den Eingang zum Polizeihaus blockiert, heißt es in einer Presseerklärung der Polizei. Die letzten DemonstrantInnen wurden erst zwischen 18 und 19 Uhr freigelassen. Die Bremer Neonazi-Szene war das ganze Wochenende über aus der Öffentlichkeit abgetaucht.

Seit etwa etwa neun Uhr hatten sich am Samstag junge Leute aus dem autonomen Spektrum vor der Ladenzeile gegenüber dem Ziegenmarkt gesammelt. Sie verteilten Flugblätter an die PassantInnen. Einen Infotisch hatte die Polizei schon vor seiner Aufstellung verhaften können, woraufhin ein türkischer Gemüsehändler Kisten vor seinem Schaufenster weggeräumt und den DemonstrantInnen die freigewordene Fläche zur Auslage angeboten hatte. In den Nebenstraßen versammelte sich derweil die Polizei. Als die DemonstrantInnen sich um halb elf zu einer etwa 50 bis 60 Personen starken Gruppe zusammenstellten und eine Erklärung über Megaphon verlesen wurde, schritt die Polizei ein. Mehrere Mannschaftswagen kamen aus den Nebenstraßen angekurvt. Etwa zwei Hundertschaften sprangen aus den Fahrzeugen.

Nach mehrmaliger Aufforderung, die Demonstration aufzulösen, kesselten die BeamtInnen die kleine Gruppe ein. „Wir waren total defensiv, die ganze Situation war nicht nach Krawall“, beschrieb gestern einer der DemonstrantInnen die Szenerie am Ziegenmarkt. „Die sind trotzdem ziemlich heftig auf uns losgegangen.“ Teilweise mit Gewalt wurden mehrere DemonstrantInnen in die Wannen gezerrt. Manche fielen dabei hin, wurden auch getreten. „Solidarisiert Euch“ schrie eine Frau immer wieder den mittlerweile rund 70 ZuschauerInnen auf der anderen Straßenseite zu, „kommt rüber“. Als ein Jugendlicher, der sich dann doch von der Demo entfernen wollte, von einem Polizisten verfolgt und rüde eingefangen wurde (Unterarm um die Kehle, eine Art von Schwitzkasten), riefen die ZuschauerInnen „Aufhören, aufhören“. Zwei Beamten richteten ihre Videokameras nun nicht nur auf die DemonstrantInnen, sondern auch auf die SympathisantInnen auf der Marktseite der Straße. Um elf fuhr die Polizei mit den Festgenommenen weg.

In der Folgezeit bewegte sich ein Teil der RestdemonstrantInnen zum Polizeihaus, um dort lautstark die Freilassung der Festgenmommenen zu fordern – ohne Erfolg, die Gruppe wurde ihrerseits festgesetzt und nach Feststellung der Personalien über mehrere Stunden festgehalten. Dazu habe es keinen Rechtsgrund gegeben, beschwert sich nun die Gruppe Lego, die die Demo organisiert hatte. . Der Verstoß gegen das Demonstrationsverbots berechtige nicht zu einer so langen Festsetzung. Das sei auch gar nicht die Begründung der Polizei, sagte dagegen ein Polizeisprecher gestern zur taz: „Das hatte mit der Ordnungswidrigkeit nichts zu tun. Das war ein Polizeigewahrsam, weil es die Einschätzung gegeben hat, daß es von Seiten der DemonstrantInnen zu Ausschreitungen im Laufe des Tages kommen könnte.“

Eine weitere Antifa-Demo zum Heß-Gedenken soll es am Freitag, 16 Uhr auf dem Grünenkamp geben. cis / J.G.