Amateure aus Überzeugung

Auf und Ab des FC Internationale in der Berliner Linken / Alternative Sponsoren gesucht, aber Spieler sollen weiter umsonst kicken  ■ Von Andreas Pfahlsberger

Letzter Spieltag der Bezirksliga, der FC Internationale muß beim überlegenen Tabellenführer Sportfreunde Kladow antreten. Internationale muß gewinnen, um nach verpatztem Saisonstart doch noch aufzusteigen. Die mitgereisten Fans, fast 200, haben den Weg ins weite Kladow gefunden, machen ein Höllenspektakel, schreien ihr Team nach vorne. Kurz vor Schluß fällt das 3:2 für Inter, der Jubel ist grenzenlos, der Aufstieg in die Landesliga ist geschafft. Dieser Erfolg ist um so erstaunlicher, wenn man weiß, daß die Inter- Spieler keine müde Mark bekommen, während selbst in den unteren Ligen teilweise vierstellige Summen gezahlt werden.

„Als wir den Verein 1980 gründeten, hatten wir eigentlich nur zwei Grundsätze: Weder Spieler noch Trainer durften Geld bekommen, und der Verein sollte allen Menschen, egal welcher Herkunft, offenstehen“, erklärt der Mitbegründer Herrmann Behrens.

Doch bevor es richtig losgehen konnte, bekam der Verein erst einmal Streß mit dem Berliner Fußballverband. Zankapfel war das „e“ am Ende des Namens. Der Verband sah sich der Unterwanderung durch die kommunistische SEW ausgesetzt und argwöhnte, das bekannte Lied, das jene Partei zu singen pflegte, sei Pate bei der Namensgebung gewesen. Fern jeglichen politischen Engagements, hatte sich der Klub jedoch lediglich Internazionale Mailand als Vorbild auserkoren.

Talentsuche in Kneipen

Eine weitere Hürde auf dem Weg zur Zulassung durch den Verband nahmen die Fußballer reichlich unkonventionell: Um einen neuen Verein melden zu können, müssen 50 Mitglieder und Spieler sowie zwei Jugendteams vorgewiesen werden, die zuvor in keinem anderen Verein gemeldet waren. So zogen sie in nächtlichen Touren durch Kreuzberger Szenekneipen und überredeten, oft mit tatkräftiger Unterstützung des Alkohols, die Zecher zum Beitritt. Eltern wurden in einer Tür-zu-Tür-Aktion so lange bearbeitet, bis das Soll erreicht war.

Ein Jahr lang kickte Internationale vor sich hin, bis die wilde Phase begann. Durch Beitritte aus der Friedensbewegung und der HausbesetzerInnenszene politisierte sich der Verein. „Wir haben uns beinahe jeden Tag getroffen und bis in die Nacht diskutiert“, schildert Behrens, „alle innerlinken Konflikte der 80er Jahre wurden hier ausgetragen.“ Jedes Jahr zu Ostern wurde ein Turnier unter dem Motto „Sportler gegen Atomraketen“ veranstaltet. Einmal führte dies sogar zu einer Polizei- Aktion und der Beschlagnahmung von Transparenten. Internationale geriet in die Schlagzeilen, der Ärger mit dem Verband wurde Dauerzustand.

Trotz aller Aktivitäten — an Spieltagen stand das komplette Team auf dem Platz. „Morgens waren wir auf der Demo, und mittags spielten wir gegen Vereine, deren Polizisten im Kader nicht dabeiwaren“, erinnert sich Behrens.

Mitte der 80er Jahre erlahmte das politische Engagement der Kicker. Die Friedensbewegung hatte ihren Zenit überschritten, die BesetzerInnen richteten sich in ihren Hausprojekten ein, der Elan war verflogen. Auch sportlich lief es nicht mehr, Inter dümpelte jahrelang in der Kreisliga herum. Es wurde still um den Verein.

Seit einiger Zeit geht es wieder aufwärts mit dem FC Internationale. Eine neue Generation übernahm die Verantwortung, in vielem pragmatischer als früher. Lange interne Auseinandersetzungen führten in einigen Bereichen zur Kurskorrektur. „Jahrelang haben wir diskutiert, ob der Trainer Geld für seine Arbeit bekommen darf“, erläutert der jetzige erste Vorsitzende Michael Beer. Schließlich setzte sich die Erkenntnis durch, daß eine Nichtentlohnung der aufwendigen Trainerarbeit schlichte Ausbeutung bedeutet.

Stattauto als Sponsor

Noch schwerer fiel es Internationale, die hohen Kosten für die erste Mannschaft mit der Hilfe eines Sponsors zu mildern. Vergangenes Jahr prangte dann erstmals in der Vereinsgeschichte das Logo eines Sponsors auf den Trikots: Stattauto, der alternative Car-Sharing- Betrieb, sorgte dafür, daß die Spieler ihre Sportkleidung nicht mehr selbst bezahlen mußten. In der kommenden Saison wird diese Zusammenarbeit fortgesetzt, der Verein ist sogar auf der Suche nach weiteren Geldgebern aus dem alternativen Spektrum.

Mit den gerade entworfenen Shirts, „Inter gegen Rechts“, zog auch wieder frischer politischer Wind in den Klub. Künftig werden die meisten der derzeit zehn Inter- Teams mit diesen Trikots auf den Platz gehen. Dann dürfen sie sich wieder, wie zu früheren Zeiten, vom Gegner als „Lehrer“ oder „Ökobäcker“ beschimpfen lassen.

Egal, wohin der Weg von Internationale führen wird, ein Grundsatz soll bleiben: kein Geld für die Spieler. Erklärtes Ziel der Gründer war, bis in die Oberliga aufzusteigen. Durch das Erreichen der Landesliga sind die „Amateure aus Überzeugung“ diesem Traum ein Stück näher gekommen.