Ferien mit Tante Ingeborg Von Uli Exner

Mußte ja noch so kommen. Obwohl ich insgeheim schon gehofft hatte, daß Tante Ingeborg vielleicht doch nicht .... Zu spät.

Die Mittagskonferenz der taz-Redaktion strebte gerade ihrem Höhepunkt entgegen: Neue Themen? Schweigen. Was kommentieren wir? Schweigen. Uns fehlt auch noch eine Lokalkoloratur. Keiner eine Idee? Schweigen. Aufmacher? „Ach-da-biste-ja-Ich-hab'-Dich-schon-im-ganzen-Haus-gesucht-Also-wie-sie ht-das-denn-hier-aus-Als-hätte-ne-Bombe-eingeschlagen.“

Kollegin Koch, mal wieder fixer als alle anderen, erfaßte die Situation als erste: „Isse das?“

Ohne jeden Zweifel. Tante Ingeborg, live und in Farbe. „Ich-wollte-doch-schon-immer-mal-sehen-wie-sone-Zeitung-gemacht-wird-Las sen-Sie-sich-bloß-nicht-stören-Willste-mich-den-Herrschaften-nicht-mal-v orstellen?“ Nicht nötig, Tante Ingeborg, nicht nötig.

Zumal die Herrschaften nicht gerade den Eindruck erweckten, auf Tante Ingeborgs nähere Bekanntschaft allzu großen Wert zu legen. Dringende Termine. Unaufschiebbare Telefonate. Selbst der Chef sah plötzlich keinen Anlaß mehr, nach weiteren Themen zu forschen: Okay, das Blatt ist voll. Konferenzen müssen nicht unbedingt endlos sein.

„Ach-das-ist-also-dein-Schreibtisch-Ich-dachte-Du-hättest-'n-eigene s-Zimmer-Ist-ja-nicht-besonders-groß-Was-schreibst-du-denn-heute?“ Mein Versuch, den Artikel noch abzuspeichern, bevor Tante Ingeborg einen Blick darauf werfen konnte, kam zu spät. „Ferien-mit-Tante-Ingeborg?-Meyer-Bönnigstedt-Onkel-Herbert-Eierlikör-He rr-Vorschau ... Ulrich!?-Was-ist-das?“ Och, nix Tante, nur son Versuch. Du weißt doch, im Sommer ist immer so wenig los. Und da habe ich, tja, also ...

„Tanten-können-schon-nervig-sein?-Was-soll-das-denn-heißen-Und-hier -die-Sache-mit-der-Luftmatraze-Ich-denke-das-macht-Euch-nichts-aus.“ Zu allem Unglück hatte ich auch ein Fax der Kollegen vom Abendblatt zum Thema Tante Ingeborg noch nicht entsorgt: „Wir-haben-uns-bemüht-die-taz-in-Hamburg-heute-so-weit-wie-möglich-aufzu kaufen-Wir-dachten-es-sei-vielleicht-besser-wenn-Tante-Ingeborg-die-heut ige-Ausgabe-nicht-in-die-Hand-bekommt-Starke-Nerven-wünschen-dir...“

„So-ist-das-also-Heute-abend-legst-du-mir-die-Zeitungen-der-letzten -vier-Wochen-vor-Und-wehe-eine-fehlt.“ Klar, Tante, mach' ich. Nein, wirklich, du brauchst noch nicht zu gehen. Möchtest du noch einen Kaffee?