Junge Libanesen verhaftet

■ Kurdisch-libanesische „Gang“ wieder in der Innenstadt

Ein halbes Jahr hat er gesessen, der 20jährige libanesische Kurde M., Anfang August durfte er die Jugendvollzugsanstalt im Blockland verlassen. Seit gestern sitzt er wieder: Zusammen mit Freunden soll er einen Mitarbeiter des Restaurants „Marché“ in der Obernstraße krankenhausreif geprügelt haben. Die jungen Männer waren von dem Mitarbeiter gebeten worden, die Füße von den Stühlen zu nehmen. Das ließen sich die Gäste kein zweites Mal sagen. Der Mitarbeiter ist jetzt wieder zuhause, leidet aber unter einem Schädeltrauma, einem Blutgerinnsel auf der Leber ...

M., der hier als Asylbwerber lebt, ist den Bremer Jugendrichtern seit seinem 15. Lebensjahr bekannt. Wie die rund anderen 25 männlichen Mitglieder der als „Libanesen-Gang“ bekanntgewordenen Gruppe gehört er, polizeilich gesehen, zu den Intensivtätern: Rund 800 Diebstähle und Raubtaten werden ihnen angelastet. Seit Anfang des Jahre ist die Ermittlungsgruppe Intensivtäter hinter der „Gang“ her. Folge: die Jugendlichen wichen ins Umland aus. Neu: Schlugen die Jugendlichen bisher nur dann zu, wenn sie festgenommen werden sollten, „beobachten wir jetzt eine eigenständige Aggression“, sagt Hubert Neuhaus, Leiter der Ermittlungsgruppe.

Nach dem Vorfall im Restaurant verhaftete die Polizei einen 18jährigen Tatverdächtigen – bei ihm sah der Richter Fluchtgefahr wegen nicht-vorhandener familiärer Bindungen, der junge Asylbewerber ist alleine hier. Der Haftbefehl des 20jährigen dagegen wurde wieder aufgehoben, da er ein festes Zuhause bei seiner Familie hat, Fluchtgefahr sich also nicht begründen läßt. Erst als die Ermittlungen nicht nur auf Körperverletzung, sondern auf Totschlag deuteten und der 20jährige auch noch bei einem Tankstellen-Diebstahl in Nienburg erwischt wurde, sah Jugendrichter Karl-Heinz Rogoll die Bedingungen für einen Haftbefehl erfüllt. Rogoll verwahrt sich gegen Presseberichte, die der Justiz unausgesprochen, aber deutlich Nachlässigkeit vorwerfen. „Da ist schon mit den schärfsten Mitteln des Jugendstrafrechts gearbeitet worden.“

Daß Knast keine Lösung ist, weiß auch der Kripobeamte Neuhaus, „nur, solange er im Knast sitzt, begeht er keine Sraftaten“. Vor Gericht habe er schon des öfteren beobachtet, daß SozialarbeiterInnen wie FamilienhelferInnen keinen Zugang fänden zu diesen Jugendlichen. So habe etwa ein jetzt inhaftierter 15Jähriger gesagt: „Ich bin ein libanesischer Mann, ich laß mir von Frauen nichts sagen.“ Die Jugendrichter deuten weiter in Richtung Sozialbehörde: „Daß die in der Bundesrepublik bleiben, weiß man seit 6, 7 Jahren – gleichwohl ist Soziales nur sehr sehr zögerlich gewesen, diese Gruppen zu integrieren.“ cis