Keine Mark gegen Fremdenfeindlichkeit

Agentur Konzepte wollte mit der „Aktion Kontrapunkt“ Firmen zum Sozialsponsoring gegen Fremdenfeindlichkeit gewinnen / Nur geringe Resonanz seitens der Unternehmen  ■ Von Kathi Seefeld

„Sie wollen etwas tun? Sie haben auch genug von rechtsradikalen Sprüchen? Sie wollen dazu beitragen, daß Jugendliche noch eine andere Perspektive für sich sehen, als ihre Ängste an Schwächeren abzureagieren? Sie wollen, daß der Wirtschaftsstandort Deutschland auch zukünftig im Ausland geschätzt wird? Haben Sie dann schon einmal daran gedacht, im Rahmen Ihrer Werbe- oder Sponsoringaktivitäten soziokulturelle Einrichtungen zu fördern?“

Ria Hinzmann und ihre Agentur Konzepte lockten vergeblich. Die „Aktion Kontrapunkt“, die sie im September vergangenen Jahres angeschoben hatte, wurde ein Reinfall. Die Mehrzahl der von ihr angesprochenen Berliner Firmen wollte keinen Kontrapunkt setzen und gab demzufolge kein Geld. Und angesprochen hatte Ria Hinzmann nicht wenige. „Etwa 600 Architektur- und Ingenieurbüros wurden von uns angeschrieben, zwischen 800 und 1.000 Firmen, Banken, Medien und die Abgeordneten des Berliner Parlaments.“ Eine Idee, gewachsen aus dem Erschrecken über die zunehmende Diskriminierung von Ausländern, in die die Geschäftsfrau immerhin 8.000 Mark investierte.

„Unser Anliegen war, einen Pool zu bilden“, erzählt Ria Hinzmann, „einen Topf, aus dem interessante Projekte für Jugendliche gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit finanziell unterstützt werden sollten.“ Einzige Voraussetzung: sie sollten nicht an große Träger gebunden sein, die auch andernorts von Behörden oder Verbänden Geld bekommen könnten. „Und es mußten geistreiche, spannende Vorhaben sein.“ 25 Projekte bewarben sich. Für die Auswahl der zu fördernden zehn setzte sich ein unabhängiges Gremium – eine Journalistin, eine Vertreterin der FrauenAnStiftung und eine Mitarbeiterin des Senats – zusammen. Letztlich wurden sieben Projekte für förderungswürdig befunden. So plante die InterNation HipHop Berlin e.V. ein Open-air-Konzert auf der „Insel der Jugend“ in Treptow, zusammen mit der Ostberliner HipHop-Initiative „Swat“ und der Kreuzberger Initiative „We are all one“. „Für dieses Konzert ist die Finanzierung noch nicht gesichert. Sponsoring-Mittel kämen uns gerade recht“, hoffte die Projektgruppe. Das Heimatmuseum Wedding plante ein Ausstellungsprojekt zu den „Frauen vom Sparrplatz“, einem Platz, an dem sehr viele türkische Familien leben, die meisten schon seit über 20 Jahren. Die antirassistische Vereinigung „Künstler in Aktion“ benötigte Fördermittel für ein internationales Antigewaltprogramm „JugendGewaltTheater“.

Doch bereits parallel zu den Bewerbungen zeichnete sich ab, was Ria Hinzmann aufgrund ihrer guten Erfahrungen aus Frankfurt/ Main und München nie für möglich gehalten hätte: Die Sponsoren in Berlin blieben aus. „Vielleicht eine Folge des jahrelangen Insel- Daseins. Subventionsmentalität.“ Die Mehrzahl der potentiellen Geldgeber äußerte sich zu der Kontrapunkt-Initiative überhaupt nicht, der Rest reagierte mit den typischen Ausreden. „Nur wenige waren so ehrlich zu sagen, daß sie von Aktionen gegen Ausländerfeindlichkeit nichts halten.“

„In Anbetracht der Fülle von Förderungswünschen, die uns, besonders in der letzten Zeit, erreichen, sind wir gezwungen, uns auf bestimmte Schwerpunkte zu konzentrieren (...)“, schrieb die Berliner Bank. Die Volkswagen AG meinte: „Volkswagen steht im Blickpunkt der Öffentlichkeit und gilt ganz allgemein als sozialer und finanzstarker Geschäftspartner. (...) Es gibt jedoch so viele Projekte und Projektplanungen, die sich beim besten Willen nicht alle unterstützen lassen. Da stellt sich die Frage, wo sollten wir helfen und wo ablehnen? Jede Ausnahme würde sich als Präzedenzfall erweisen.“ Coca-Cola bat um Verständnis, daß man keine Sponsoringleistungen erbringen könne.

Und die Berliner Kindl Brauerei hatte offensichtlich nicht einmal begriffen, worum es ging. „Leider müssen wir Ihnen mitteilen, daß wir generell kein Sponsoring betreiben“, hieß es in dem Schreiben an Ria Hinzmann. Noch deprimierender seien persönliche Gespräche und Telefonate gewesen. „Immer hieß es: Wir spenden schon. Das war für mich genauso, als würde einer sagen: Ich gehe auch zur Lichterkette, wenn wieder etwas passiert ist. Dabeisein bei spektakulären Aktionen ist alles, was zählt.“

Natürlich kenne sie auch einige wirklich engagierte Firmen, die sinnvolle Sachen finanzierten, doch, so Ria Hinzmann enttäuscht, eine Praxis von Sozialsponsoring, wie sie in den Vereinigten Staaten üblich ist, hält sie für Berlin nicht einmal in Ansätzen für möglich. Dabei hatte sich schon im August 1992 sogar Finanzsenator Pieroth ins Zeug gelegt und erklärt: „Die Imagepflege eines Unternehmens steht heute nahezu gleichberechtigt neben der klassischen Werbung. Deshalb werden beide Instrumente auch steuerlich gleichbehandelt. Damit besteht zugleich ein Anreiz für Unternehmen, sich stärker sozial zu engagieren.“