Geld für die Bezirke

■ Bezirke brauchen kommendes Jahr 13,6 Milliarden Mark / Zum ersten Mal entscheiden sie selbst über ihre Ausgaben

Die 23 Bezirke haben die erste Hürde der Verwaltungsreform genommen: Sie haben diese Woche ihre Haushaltsentwürfe der Finanzverwaltung vorgelegt. Wie Sprecher Steffen Kammradt der taz gegenüber berichtete, haben die Bezirksämter für 1995 einen Bedarf von 13,6 Milliarden Mark angemeldet – 600 Millionen Mark mehr, als ihnen im laufendem Jahr zur Verfügung stehen. Dieser Betrag unterscheide sich so minimal von den „Globalsummen“, die die Landesregierung im Doppelhaushalt 95/96 vorgesehen hat, daß die Differenzen auf fehlerhaften Eintragungen beruhen müßten, vermutete Kammradt. Die Bezirksausgaben machen etwa ein Drittel des Landeshaushalts aus.

Für das kommende Jahr dürfen die Kommunalparlamente zum ersten Mal seit ihrem Bestehen in den 20er Jahren eigenständig über die Ausgaben entscheiden. Der Senat hat allerdings zwei Vorgaben gemacht. Für Personal dürfen höchstens rund acht Milliarden Mark, bei Investitionen müssen mindestens 800 Millionen Mark ausgegeben werden. Hintergrund der Einschränkungen sind der notwendige Stellenabbau in der Verwaltung – 25.000 Stellen zwischen 1992 und 1997 – und die beabsichtigte Konjunkturbelebung durch die Vergabe von Aufträgen an die Wirtschaft.

Was aus den kommunalen Einnahmen – dieses Jahr rund 1,6 Milliarden Mark – finanziert wird, dürfen für das kommende Jahr Kommunalpolitiker ebenfalls erstmals unabhängig vom Abgeordnetenhaus entscheiden. Die Gewerbesteuer fließt allerdings weiter in den Landeshaushalt – eine Regelung, die von den Bezirken heftig kritisiert wird: Ohne eine Verteilung der milliardenschweren Gewerbesteuer in die Töpfe der Kommunen sei der finanzielle Gestaltungsspielraum auf Bezirksebene stark eingeschränkt.

Kommunalpolitiker, Abgeordnete und Verwaltungsexperten versprechen sich von der Kompetenzverlagerung von der Haupt- auf die Bezirksverwaltung einen Anreiz zum Sparen. Bislang müssen Kommunalpolitiker, die sparsam mit ihren Etats umgehen, die erwirtschafteten „Gewinne“ an die Hauptverwaltung abführen.

Bei der Haushaltsplanung standen die 23 Bezirke vor enormen Schwierigkeiten. Mehrmals wurden die Eckdaten von Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) über den Haufen geworfen oder verzögert mitgeteilt. Kreuzbergs Bürgermeister Peter Strieder (SPD) kritisierte, daß Pieroth die Summe für Sachmittel erst im April und den Personaletat erst im Mai bekanntgab. Die Höhe der Investitionen wurde im Juni geändert – nachdem beispielsweise Steglitz seinen Entwurf längst beschlossen hatte. Der Steglitzer Stadtrat Rolf Kempfer (SPD) monierte, daß die Bezirke vom kommenden Jahr an voll für unvorhergesehene Verluste haften müssen: „Angesichts ihrer fehlenden Einflußmöglichkeit auf die Vorgaben des Senats scheint dies nicht uneingeschränkt hinnehmbar.“ Kempfer forderte eine Risikobegrenzung. Dirk Wildt