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UNO-Appell verhallt

■ Erst knappes Fünftel der geplanten UNO-Truppe in Ruanda eingetroffen

Genf (taz) – Wenn die letzten 600 französischen Soldaten am kommenden Sonntag Ruanda verlassen, wie es Frankreichs Premierminister Balladur angekündigt hat, werden die Hilfsorganisationen weitgehend auf sich selbst gestellt sein. Erst ein knappes Fünftel der Ende Mai vom UNO-Sicherheitsrat beschlossenen 5.500 Mann starken UNO-Truppe (Unamir) befindet sich jetzt in dem Bürgerkriegsland. Ob und wann wie viele weitere UNO-Soldaten stationiert werden, ist derzeit nicht absehbar.

Anfang Juli hatte sich die New Yorker UNO-Zentrale mit der dringenden Bitte an dreißig Staaten gewandt, Truppen und die für einen Einsatz erforderliche Ausrüstung für die Unamir bereitzustellen. Darauf haben nur elf Regierungen – darunter acht afrikanische – positiv reagiert. Sie sagten knapp 2.900 der benötigten 5.500 Soldaten zu. Doch in Ruanda angekommen sind bisher lediglich rund 500 Soldaten aus Ghana, die in der bisherigen „französischen Zone“ stationiert wurden, sowie 150 von 800 versprochenen Äthiopiern. In der Hauptstadt Kigali befinden sich eine Kommunikationseinheit der kanadischen Armee, ein Ingenieurverband der Briten sowie ein Feldlazarett der Australier. Äthiopien will die weiteren 650 Äthiopier erst schicken, wenn die UNO der Regierung in Addis Abeba die Übernahme der entstehenden Kosten garantiert. Die Genfer Zentrale des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) hat kein Verständnis für die Verzögerungen. Sie befürchtet eine Ausweitung der humanitären Katastrophe nach dem Abzug der letzten französischen Truppen.

Die knapp 2.000 Soldaten, die Sambia, Simbabwe, Mali und Malawi der UNO versprochen hatten, haben ihre Heimatländer bislang ebenfalls nicht verlassen. Ihnen fehlen die für einen Einsatz in Ruanda unerläßlichen gepanzerten Fahrzeuge, Versorgungslastwagen und Funkgeräte. Sambia befindet sich hierüber in Gesprächen mit Deutschland und den Niederlanden.

An logistischen und finanziellen Problemen scheiterte bisher auch die Entsendung der zugesagten Soldaten aus Nigeria und Tunesien. Die New Yorker UNO-Zentrale versucht derzeit, die Truppenverbände aus sechs französischsprachigen afrikanischen Staaten, die noch Teil der von Frankreich geführten Operation Turquois sind, zum Verbleiben in Ruanda zu überreden. Zugesagt haben bislang der Tschad und Guinea-Bissau, 541 Soldaten in Ruanda zu belassen.

Der für die Peace-keeping-Operationen zuständige Untergeneralsekretär der UNO, Kofi Annan, sagte gestern erbittert, bei einer frühzeitigeren Entsendung von mehr angemessen ausgerüsteten UNO-Soldaten nach Ruanda hätten „viele Menschenleben gerettet werden können“. Andreas Zumach

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