SPD schaßt Leipziger Direktkandidat

Kaum Diskussion um Abberufung von SPD-Bundestagsabgeordneten / Sächsische SPD will Ende der PDS-Diskussion, leistet aber indirekte Wahlhilfe für die Gysi-Truppe  ■ Von Christoph Seils

Die Abberufung von Michael Müller war nur noch Formsache. Von den 114 SPD-Mitgliedern, die sich an der Abstimmung beteiligten, stimmten nur 15 gegen den Antrag des Landesvorstandes. Ohne lange Diskussion setzte die Leipziger Basis den Abgrenzungskurs des Kanzlerkandidaten Scharping gegenüber der PDS durch. Eine Zusammenarbeit mit der PDS wird es nicht geben, die Diskussion darüber ist in der Partei während des Wahlkampfes unerwünscht. Trotz Magdeburg? Wegen Magdeburg?

Ex-Bundestagskandidat Müller zeigte sich nach der eindeutigen Entscheidung von seiner Partei enttäuscht. Er habe schon mit Beulen gerechnet, aber „daß man auf den Ohren total taub ist und nicht ahnt, worauf es in dieser Situation der Spaltung des Landes für uns alle ankommt, damit hätte ich nicht gerechnet“.

„Wir haben uns das nicht leicht gemacht“, so der Sprecher der sächsischen SPD, Volker Knauer, „aber Herr Müller hat uns keine Wahl gelassen.“ Ein Bundestagsabgeordneter, der offen für einen Zusammenschluß mit dem politischen Gegner eintrete, sei für die Sozialdemokratie nicht tragbar. Auf der Versammlung am Montag abend hätten, so der Parteisprecher, mehrere Mitglieder daran erinnert, daß SPD-Anhänger in der DDR verfolgt worden seien. Dies dürfe man doch nicht so einfach vergessen.

Die sächsische SPD hofft nun, daß die Diskussionen über eine Zusammenarbeit mit der PDS durch die Entscheidung gegen Müller beendet sind. Auch das Strategiepapier des Dresdener Landtagsabgeordneten Uwe Eckart Böttger, der zumindest langfristig „unvoreingenommen die Frage prüfen“ wollte, ob und unter welchen Bedingungen „Koalitionen mit der PDS möglich sind“, sei, so Knauer, kein Bestandteil der innerparteilichen Diskussion. „Eine Koalition oder eine Zusammenarbeit mir der PDS wird es in Sachsen nicht geben.“

Doch die Differenzen unter den ostdeutschen Sozialdemokraten bleiben. Während es beispielsweise für den brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe „politisch töricht“ ist, die PDS als undemokratische Partei abzutun, hat die SED-Nachfolgepartei für den sächsischen Landesverband ihre „demokratische Legitimation noch nicht nachgewiesen“.

Für die sächsische PDS war der „Fall Müller“ gestern kein Thema. Man wolle sich nicht in die inneren Angelegenheiten der SPD einmischen, hieß es in der Dresdener PDS-Zentrale: „Die SPD muß ihr Verhältnis zur PDS selber klären.“ Weit breitete der Landesvorsitzende Peter Porsch jedoch seine Arme aus: „Wir stehen für eine Zusammenarbeit zur Verfügung.“ Auch Porsch kennt die Achillesferse der ostdeutschen SPD. Eine Ablösung der CDU-Regierungen in den ostdeutschen Ländern wird ohne die offene oder verdeckte Zustimmung der PDS-Abgeordneten nicht möglich sein. „Wenn die SPD sich auf den Wechsel freue“, so Porsch, „muß sie auch etwas dafür tun.“

Indirekt hat die Wahlversammlung der Leipziger SPD zweifellos Wahlhilfe für die PDS geleistet. Denn einen Ersatzkandidaten kann die Leipziger SPD nicht mehr benennen, und so erhöhen sich die Chancen für die PDS, auch in Leipzig ein Direktmandat zu gewinnen.