Sri Lankas oppositionelle Volksallianz liegt vorn

■ Aber voraussichtlich keine absolute Mehrheit bei Parlamentswahlen / Schlechte Zeiten für den Präsidenten

Delhi (taz) – Die ersten Ergebnisse von Sri Lankas Parlamentswahl deuten auf einen Sieg der oppositionellen Volksallianz. Damit müßte die regierende „United National Party“, UNP, erstmals nach siebzehn Jahren wieder die Macht abgeben. Die Hochrechnungen weisen allerdings darauf hin, daß auch die aus fünf Parteien gebildete „People's Alliance“, PA, deren stärkste Gruppierung die Sri Lanka Freedom Party unter der ehemaligen Regierungschefin Sirimavo Bandaranaike ist, die absolute Mehrheit verpassen wird.

Aufgrund des komplexen Wahlsystems werden 29 Sitze erst später durch die neukonstituierte Kammer vergeben. Nach inoffiziellen Ergebnissen hat die Volksallianz 105 der 225 Mandate, die UNP kommt auf 94 Sitze, von den übrigen 26 entfielen 10 auf andere Oppositionsparteien.

Der Präsident ist gemäß Verfassung gehalten, jene Partei zur Bildung der Regierung einzuladen, welche die besten Chancen für eine Mehrheit hat. Falls keine der beiden Parteien über die 50-Prozent-Hürde kommt, wird Präsident Wijetunga allerdings unter starken Druck der UNP – deren Chef er ist – kommen, diese als erste mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Sie wird dann versuchen, genügend Mitglieder kleiner Parteien auf ihre Seite herüberzuziehen. Das sind aber im wesentlichen moderate Tamilen-Parteien und des „Muslim Congress“. Diese können der Minderheitenpolitik der Regierung wenig Neues abgewinnen und setzen ihre Hoffnungen eher auf die Volksallianz, die Gespräche auch mit tamilischen Separatisten nicht ablehnt.

Der innerparteiliche Druck auf Wijetunga wird aber um so größer sein, als sein Prestige unter dem Eindruck des Abschneidens der UNP weiter gelitten hat. Er war es, der die Wahlen aus unklaren Motiven um ein halbes Jahr vorgezogen und den Parteien einen extrem kurzen Wahlkampf verordnet hatte. Statt für die UNP haben sich die Faktoren Zeit und Überraschung nun aber zugunsten der Opposition ausgewirkt.

In Sri Lankas Präsidialregime, das die politische Macht in der Hand des Präsidenten vereint, bleibt die UNP auch dann der eigentliche Machtträger, wenn die Volksallianz die Regierung stellt. Sollte es aber zu einer „Kohabitation“ kommen, hat die Allianz die besseren Karten. Denn in drei Monaten muß sich Präsident Wijetunga zur Wiederwahl stellen. Er geht nun mit dem Stigma eines Verlierers in dieses Rennen – falls sich der 78jährige Politiker überhaupt noch der Wahl stellt. Die Volksallianz hat mit Chandrika Kumaranatunga eine neue Führungspersönlichkeit, welche ihren Sieg und – im Fall ihrer Berufung zur Ministerpräsidentin – das Scheinwerferlicht ihres Amtes ausnützen wird, um ihrer Mutter Sirimavo Bandaranaike den Weg in das Präsidentenpalais zu ebnen. Die Wahlen wurden von 44 internationalen Beobachtern überwacht und verliefen weitgehend ruhig. Nach der Abstimmung hatte der Präsident den Ausnahmezustand wieder in Kraft gesetzt, der für die Wahl aufgehoben worden war. Bernard Imhasly