Carlos will sich vor Gericht politisch verteidigen

■ Die Anwälte des Terroristen protestieren gegen die „Entführung“ ihres Mandanten aus dem Sudan / Staranwalt Vergès angeblich durch Stasi-Akten belastet

Paris (dpa/AFP/AP) – Carlos will sich politisch verteidigen. Dies kündigte der Anwalt des in Paris inhaftierten Terroristen, Jacques Vergès, gestern an. Der Jurist kündigte eine Beschwerde gegen die „Entführung“ von Carlos aus dem Sudan an. Der Staranwalt, der schon früher die Verteidigung in Terroristenprozessen übernommen hat, betonte die politischen Motive seines Mandanten. „Er ist kein Krimineller.“ Carlos hätte in seiner Heimat ein viel angenehmeres Leben führen können.

Bei einem Gespräch mit dem 44jährigen seien gestern die Details einer Beschwerde gegen seine „Verschleppung“ aus dem Sudan erörtert worden, sagte Vergès. Es habe kein Auslieferungsverfahren, sondern nur einen Briefwechsel zwischen den Innenministern Frankreichs und Sudans gegeben. Am Dienstag war bestätigt worden, daß gegen Carlos kein gültiger internationaler Haftbefehl Frankreichs vorlag.

Aus französischen Justizkreisen hieß es gestern, Ermittlungsrichter Jean-Louis Bruguiere wolle für die Ermittlungen gegen Carlos auch die Stasi-Archive auswerten. Er werde dazu im September nach Berlin kommen. Laut der heute erscheinenden Ausgabe von Le Monde soll in einem Stasi-Dokument der Anwalt Vergès als „aktives Mitglied“ der Gruppe Carlos in Frankreich bezeichnet werden. In einem zweiten Dokument soll es heißen, 1982 sei für den Anwalt, als er die Frau von Carlos, die Deutsche Magdalena Kopp, und dessen Schweizer Gefährten Bruno Bruguet verteidigte, Geld bereitgestellt worden, um eventuell deren Flucht durch Bestechung zu ermöglichen. In Frankreich ist Vergès als „Mann der unmöglichen Prozesse“ bekannt, der auch den früheren Gestapo-Chef von Lyon, Klaus Barbie, verteidigt hat. Vergès erklärte zu dem Bericht, in allen osteuropäischen Ländern sei ein Verteidiger, der seine Aufgabe erfülle, als „Komplize der Person, die er verteidigt“, betrachtet worden. „Wenn die Stasi dies geschrieben hat, sehe ich dies als Kompliment und Auszeichnung an.“ Die in London erscheinende arabische Zeitung asch-Scharq al-Awsat berichtete gestern, Carlos und seine Frau seien mit Pässen der ehemaligen Sozialistischen Volksrepublik Jemen (Südjemen) gereist. Der sudanesische Justizminister Abdelasis Schiddu hatte am Dienstag ein „feindlich gesonnenes arabisches Land“ beschuldigt, die Pässe für „diese Kriminellen“ ausgestellt und dann die UNO informiert zu haben. Der zweite Verteidiger von Carlos, Mourad Oussedik bestätigte am Dienstag, daß die Frau seines Mandanten, Magdalena Kopp und deren gemeinsame Tochter weiter in Khartum sind.

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