Union: Wer kann, soll arbeiten

■ Programmentwurf kündigt nach Wahlsieg Kürzung der Sozialhilfe und Deregulierung des Tarifrechts an

Bonn (taz/AP) – Nach einem Wahlsieg will die Union die Sozialhilfe für Arbeitsfähige kürzen. Außerdem ist eine stärkere Koppelung des Kindergelds an Einkommen und Kinderzahl sowie eine Erhöhung der Eigenleistungen bei den Krankenversicherungen geplant. Das geht aus dem Programmentwurf „Wir sichern die Zukunft Deutschlands“ hervor, über den die Unionsspitzen zu Beginn der kommenden Woche beraten werden. Der Kölner Express zitierte gestern aus dem 61seitigen, vertraulichen Papier. Zur Sozialhilfe heißt es dort: „Wir wollen erreichen, daß jeder durch Beschäftigung ein höheres Einkommen erzielt als ohne Beschäftigung. Eine Möglichkeit kann sein, die Sozialhilfe bei denen, für die eine Erwerbstätigkeit möglich und zumutbar ist, abzusenken.“ Der Lohn soll dann nur teilweise auf die Sozialhilfe angerechnet werden.

Ein Lösungskonzept für die Schaffung neuer Arbeitsplätze scheinen die Schreiber des Entwurfs, darunter Fraktionschef Schäuble, die Minister Waigel, Blüm, Bohl, Merkel und Wissmann sowie Bayerns Ministerpräsident Stoiber, ebenfalls gefunden zu haben: Die Kosten für Pflege-, Haushalts- und Familienhilfe sollen von der Steuer abgesetzt werden können. Weiter werden tarifliche Öffnungsklauseln, niedrigere Einstiegstarife und mehr Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer in Aussicht gestellt.

Auch zum Thema Krankenversicherungen präsentieren die Unionsstrategen neue Vorschläge. Sie wollen „die solidarisch abzusichernden Risiken neu gewichten“. Der Eigenvorsorge soll ein höherer Stellenwert eingeräumt, die Eigenleistungen weiter erhöht werden. Beim Kinder- und Erziehungsgeld soll künftig nur noch eine Behörde zuständig sein; die Transferleistungen für Familien werden stärker auf Einkommen und Kinderzahl ausgerichtet.

Angesichts von sieben Millionen sozial schwachen Bürgern in Deutschland warnen die Sozialdemokraten davor, das Problem der Armut zu verharmlosen. Besonders gefährdete Gruppen seien alleinerziehende Mütter, Jugendliche und ältere Menschen, so der SPD-Chef Rudolf Scharping. shc

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