Hochsaison in der Konservenfabrik

■ Wie die Bohne in der Dose verschwindet / Frisches oder Tiefgekühltes verkauft sich besser

Auf dem Hof liegen Tonnen erntefrischer Bohnen. In den Fabrikhallen laufen Maschinen und Transportbänder auf vollen Touren. Die Konservenfabrik Koba GmbH in Baddeckenstedt (Kreis Wolfenbüttel) hat Hochsaison. Die 80 Angestellten verarbeiten in einer Zehn-Stunden-Schicht bis zu 75 Tonnen Gemüse. „200.000 Gläser Bohnen aus niedersächsischem Anbau füllen wir täglich ab“, sagt Einkaufsleiter Jakob Busch von Holtum. Die derzeitige Betriebsamkeit aber täuscht: Die Nachfrage nach Konservengemüse sinkt bundesweit.

Frische Ware oder Tiefkühlkost verkaufen sich besser. Auch macht die Konkurrenz aus dem europäischen Ausland den rund 20 verbliebenen deutschen Herstellern zu schaffen. Mit staatlicher Unterstützung könnten etwa französische Unternehmen billiger produzieren und verkaufen. „Zudem werden Umweltauflagen in den anderen Staaten erträglicher gelöst“, meint Busch von Holtum. Die Folgen seien klar: „Nur 15 Prozent der Gemüsekonserven in den deutschen Ladenregalen stammen noch aus Deutschland.“ Seit Beginn der 80er Jahre habe sich die Zahl der Gemüsekonservenhersteller nahezu halbiert, schätzt der Bonner Bundesverband der obst-und gemüseverarbeitenden Industrie.

Gemüseverarbeitung ist abhängig von der Erntesaison. Von Mitte Juni bis Anfang Oktober herrscht bei Koba Hochbetrieb. Auf Erbsen, Karotten und Bohnen folgen Sellerie und Kartoffeln. „Zwei Drittel des Umsatzes machen wir in dieser Zeit“, sagt Busch von Holtum. In den restlichen Monaten werden Konserven etikettiert, Maschinen gewartet oder Überstunden abgefeiert. Rund 8.000 Tonnen Gemüse – zu 95 Prozent aus Niedersachsen – würden 1994 verarbeitet. „Möglich wäre das doppelte“, meint der 42jährige. Das 120.000 Quadratmeter große Firmengelände biete ausreichend Kapazitäten.

Die Koba, die in diesem Jahr ihr hundertjähriges Bestehen feiert, leidet nicht nur unter den europäischen Nachbarn, sondern auch unter ihrer eigenen Vergangenheit. Geleitet von der Familie Stute aus Paderborn machte die Firma seit 1957 hohen Umsatz, fuhr aber gleichzeitig immense Verluste ein. Als Stute das Unternehmen 1990 an die britische Hillsdown-Gruppe verkaufte, hielt die wirtschaftliche Talfahrt an. Der Umsatz sank von 64 Millionen DM im Jahre 1991 auf verheerende 28 Millionen im Jahr darauf. Ende 1992 übernahm der Holländer George van Hooff das heruntergewirtschaftete Unternehmen.

Van Hooff räumte die mit Ladenhütern gefüllten Lager durch Billigverkäufe in die Staaten der ehemaligen Sowjetunion und verringerte die Produktion. Zum Sanierungskonzept gehörte auch die Streichung von etwa 100 Stellen, darunter die vieler Saisonarbeiter. In der Folge stieg der Umsatz 1993 auf 30 Millionen DM. Auch in diesem Jahr werde diese Größenordnung angepeilt, meint Busch von Holtum, „doch erst in einigen Wochen, wenn die Vertragsverhandlungen mit mehreren großen Supermarktketten abgeschlossen sind, können wir für die Zukunft klarer sehen“.

Die Chancen für den letzten Gemüsekonservenhersteller seiner Größenordnung in Niedersachsen stehen nach Einschätzung Busch von Holtums nicht schlecht. Anfang 1995 werde die Koba mit dem Bau einer Kläranlage beginnen, die der Landkreis zur Auflage gemacht habe. Drei Millionen DM müsse die Firma dafür aufbringen. Der Einkaufsleiter glaubt, daß die Koba nicht nur diese Hürde nehmen kann. „In den kommenden Jahren werden wir stufenweise investieren“, ist er überzeugt, „und das werden keine Überlebensinvestitionen“.

Kai Portmann, dpa