Es grünt so grün im Verborgenen

■ In Hamburgs Flora heimisch wie nie zuvor: die Cannabispflanze / Doch sie lockt auch ungebetene uniformierte Gäste an Von Sannah Koch

Nicht nur Reiz-, sondern auch Rausch-Klima hat in diesem Sommer die Hansestadt beherrscht. Hamburgs Drogenfahnder stellten zumindest in diesen Tagen fest, daß die innerstädtische Flora eine ungewöhnliche Bereicherung erfahren hat. „So viele Cannabispflanzen wie in diesem Jahr haben wir in Hamburg noch nie entdeckt“, erzählt Uwe Hölandt, stellvertretender Leiter der „Inspektion Rauschgiftkriminalität“ (LKA 25) beim Landeskriminalamt auf taz-Anfrage.

„Früher haben wir sie stillschweigend geerntet und zur Müllverbrennung nach Stellingen gebracht“, so Hölandt. Heute aber mehrten sich in ihrer Dienststelle die Hinweise aus der Bevölkerung auf illegale Anpflanzungen – und demzufolge auch das Einschreiten des LKA 25. Von der Schließung der Hasch-Kneipen in Harburg oder Jarrestadt über die Hausdurchsuchung in einem Eimsbüttler Geschäft wegen zweier Cannabispflanzen im Schaufenster bis zum MEK-Einsatz in einem türkischen Cafè (Fund: 80 Gramm Haschisch) – sind Cannabisprodukte wieder vermehrt ins Visier der Drogenfahnder gerückt?

Ein Dementi und ein nachgeschobenes „aber“. „Eigentlich ist das nun wirklich nicht Schwerpunkt unserer Arbeit“, so LKA-Chef Höhlandt, „aber leider ist selbst der Besitz einer Cannabispflanze schon strafbar.“ Das Urteil des Bundesverfassungsgericht in diesem Frühjahr sei leider häufig falsch interpretiert worden. Strafbar sei der Besitz kleiner Mengen (Inhalt einer Streichholzschachtel) zum Eigenkonsum immer noch, diese Anzeigen können jedoch von der Staatsanwaltschaft eingestellt werden. Im Wiederholungsfall allerdings auch nicht mehr.

Öffentliches Shit-Pfeifchen-Rauchen bleibt also weiterhin risiko-behaftet. „Auch da dürfen wir nicht wegschauen“, so Hölandt. Zu ihrem Bedauern gelte hierzulande leider nicht das Opportunitätsprinzip – das würde der Polizei erlauben, einen Einsatz wg. Nichtigkeit zu unterlassen. Jetzt müssen die Beamten Haschisch-Delikte weiterhin verfolgen, obgleich die Staatsanwaltschaft anschließend bis zu 40 Prozent der Verfahren einstellt. Selbst der kürzlich so groß abgefeierte Drogen-Razzia in der Flüchtlingsunterkunft Amsinckstraße ist keine Anzeige wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz gefolgt. „Manchmal sind wir schon zufrieden, wenn wir die Drogen sicherstellen können“, so Staatsanwaltschaftssprecher Rüdiger Bagger.

Straffrei, so Baggers Tip, war und ist lediglich der Konsum von Drogen, die man nicht besitzt – „wer am Joint vom Freund zieht“ tut also nichts Verbotenes.