Zwei Seelen in einer ZASt

■ Gutachten bestreitet die niedersächsische Umverteilungspraxis

Mit einem juristischen Gutachten hat am Donnerstag der Niedersächsische Flüchtlingsrat die Rechtmäßigkeit der Verteilungspraxis in Niedersachsen angezweifelt. Das von einem Bielefelder Anwalt angefertigte Gutachten hebt den „Ausnahmecharakter“ zentraler Aufnahmestellen (ZASten) hervor, der zu einem „besonderen Verlust von Freiheitsrechten“, führe. Dazu zählen etwa das Arbeitsverbot und die nicht vorgesehene Familienzusammenführung, solange sich der Flüchtling in der Erstaufnahme der ZASt befindet.

Das Asylverfahrensgesetz sieht eine Verlegung der Asylsuchenden nach drei Monaten in Gemeinschaftsunterkünfte vor, wenn deren Antrag nicht als „unbeachtlich“ oder „offensichtlich unbegründet“ abgewiesen wurde. Damit geht ein verbesserter Rechts- und Unterbringungsstatus einher. Anlaß für das Gutachten war der am Dienstag zu Ende gegangene Hungerstreik von Flüchtlingen in der ZASt Blankenburg bei Oldenburg. Flüchtlinge, die zum Teil schon neun Monate in Blankenburg sind, hatten die Nahrungsaufnahme verweigert, um ihre Verlegung zu erzwingen. Außerdem forderten sie, ihren Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen und sich selbst verpflegen zu dürfen.

Das Ministerium für Bundesangelegenheiten in Hannover verweist darauf, daß es Teile des Blankenburger ZASt-Geländes in Gemeinschaftsunterkünfte umgewidmet hat. „Damit sind die Flüchtlinge offiziell verlegt“, sagte der zuständige Referent, Hans-Hermann Gutzner. „Auch die Lebensbedingungen der Asylbewerber verbessern sich: wir planen in den nächsten Wochen die Belegung in den Gemeinschaftsunterkünften zu verkleinern sein und die Beschulung sicherzustellen.“ Ebenso sollen in den Gebäuden mehrere kleine Kochgelegenheiten eingerichtet werden. Prinzipiell erhalte man jedoch die Gemeinschaftsverpflegung aufgrund bereits geschlossener Lieferantenverträge aufrecht. „Außerdem wollen wir hier Unfrieden vermeiden, der wahrscheinlich auftaucht, wenn die Asylbewerber in den Gemeinschaftsunterkünften sich selber mit Warengutscheinen versorgen dürfen und die in der Erstaufnahme nicht“, sagte Gutzner weiter.

Flüchtlingsvertreter wenden dagegen ein, daß dies nur eine Verlegung von „Haus A“ nach „Haus B“ unter weitgehend gleichen Bedingungen bedeute. Die ZASt in Blankenburg hat unterdessen mitgeteilt, daß sie in der kommenden Woche mindestens 20 Personen umverteilen werde. „Wenn die 600 Plätze in Blankenburg belegt sind, dann müssen wir natürlich umverteilen“, sagte ZASt-Leiter Markus Kosock.“Dabei berücksichtigen wir aber nicht nur die Aufenthaltsdauer, sondern auch soziale Kriterien. Familien werden bevorzugt umverteilt.“

abi