Sanssouci: Nachschlag
■ Performance Lindy Annis: Five Bad Men
Diashows sind mit Recht gefürchtet, und so hat Lindy Annis – wenn schon, denn schon – an der Technik nicht gespart. Nicht weniger als drei Ghettoblaster fährt die amerikanische Performance-Künstlerin in ihrem neuen Programm auf, zwei Diaprojektoren und einen Ventilator. Und das alles bloß wegen fünf Männern. „Five Bad Men“ handelt von Kolumbus, Washington, Casanova, Caruso und Einstein - eine Auswahl, die den Charme der scheinbaren Willkür deshalb nicht hat, weil sie tatsächlich willkürlich ist. Daran kann auch die säuberliche Gliederung des Programms nichts ändern, das wie jeder anständige Aufsatz in Einleitung, Hauptteil (mit fünf Unterpunkten) und Zusammenfassung zerfällt. Als Einleitung erzählt Lindy Annis, während Bilder von Berlin und New York über die Leinwände flimmern, von der Genesis des Projekts: vom Winter in New York, einem ulkigen Buchtitel und der Idee mit den Ghettoblastern. Die Multimediashow auf der Bühne macht auf den Augenblick neugierig, in dem Lindy Annis selbst in Aktion tritt. Eine Stunde später ist dieser Augenblick immer noch nicht so richtig gekommen und die Performance vorbei.
Während Annis aus Kolumbus' Logbuch zitiert und drei Kassettenrekorder mit Segeln über die Bühne zieht, laufen Dias von amerikanischen Häfen, Schnellrestaurants, Parkplätzen und Swimmingpools. Nach George Washington erscheinen 42 weitere amerikanische Präsidenten mit zum Teil sehr aufregenden Barttrachten auf der Leinwand. Dazu schreitet die Künstlerin die Bühne mit einem Kochlöffel ab, den sie wie eine Axt schwenkt. Es folgen Tagebucheintragungen Washingtons, Casanova mit galanten Gemälden, Caruso mit Schellackplatten. Und zu Einstein gehören, natürlich, Formeln und Kurven, der Weltraum und moderne Gebrauchsgegenstände.
In der Zusammenfassung läuft alles noch einmal bunt durcheinander – die Bilder, die Zitate und die leitmotivischen Gesten von Lindy Annis. So wie auf dem Tisch links auf der Bühne sehr viel Papier liegt, steckt in dieser Performance sehr viel Archiv-Arbeit. Zuviel Papier, zu viele Bilder, und allzuwenige Verbindungen zwischen den „Five Bad Men“. Auch Materialschlachten werden verloren. Miriam Hoffmeyer
Bis 28. August donnerstags bis sonntags um 21 Uhr im Stükke Theater, Hasenheide 42, Kreuzberg, Tel. 692 32 39.
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