Sanssouci
: Vorschlag

■ Ein SubPop-Abend im Huxley's Junior

Bekanntermaßen läßt es sich nicht einfach leben mit einem Mythos. Wie schnell man das werden kann, haben Nirvana bewiesen. Auch ohne die tödlichen Schüsse hätte SubPop, als das Plattenlabel, das die erste Nirvana und nahezu den gesamten Grunge-Rest herausbrachte, an diesen Vorgaben zu knabbern. Andererseits lebt es sich mit dieser Vorgeschichte auch wieder gänzlich ungeniert, weil sie eine Aufmerksamkeit für neue Produkte garantiert, die andere Firmen mit wieviel Geld auch immer nicht erkaufen könnten. Da tut dann auch wenig zur Sache, daß die Bands, die in regelmäßigen Abständen als SubPop-Pakete auf Tour geschickt werden, mit dem Grunge-Image des Labels bestenfalls noch die Verwendung von Gitarren gemeinsam haben.

Angetreten sind diesmal Velocity Girl aus dem Staate Maryland. Benannt haben sie sich nach einem frühen Stück von Primal Scream, was schon andeutet, daß das Quintett sich eher englischen Traditionen verpflichtet fühlt. Zwar finden sich auch bei ihnen gewisse Rockismen, aber die Gitarren pflegen doch eher ein wohltemperiertes C86-Geschrammel und die Stimme von Sängerin Archie Moore erreicht zwar nicht das erklärte Vorbild Blondie, aber irrt doch meist hübsch verloren durch nymphische Sphären. Solchen leicht abhebenden Gesang favorisieren auch Jale, vier Frauen aus Halifax in Kanada. Darunter geht es allerdings ein wenig heftiger zur Sache, kreiseln die Gitarren, bauschen sich auf und brechen wieder zusammen, auch wenn hin und wieder der Folk gestreift wird. Beherrschend bleiben aber immer – trotz eines offensiven, instrumentalen Dilettantismus – die vier Stimmen, ihre Ergänzungsspielchen und ihre Harmoniesucht. Aber mit Grunge haben diese beiden Bands nun definitiv kein Hühnchen zu rupfen. Denen, die darauf aber gar nicht verzichten können, hält immerhin Red Red Meat eine Portion Wummerbaß und Gitarrendröhn bereit. Hier haben wir endlich die ehrliche Arbeit, die Jungs mit den schweißglänzenden Oberarmen, hier haben wir den Rock. Dazu paßt, daß drei der vier Herren aus Chicago den wunderhübschen Beruf Schlosser erlernt haben. Mit ihrer gemütlichen Hängermucke lösen sie zwar nur ansatzweise das Versprechen „SubPop“ ein, garantieren aber zusammen mit Velocity Girl und Jale einen Abend, der so ziemlich alle Schattierungen verträumter Rockmusik ausloten sollte. Thomas Winkler

Am 21.8. um 21 Uhr im Huxley's Junior, Hasenheide 108–114