Und ewig bödeln die Barden

■ Die Alt-Liedermacher Ulrich Roski und Lothar von Versen nostalgierten hemmungslos im Pusdorfer "Zelt"

Zeitreisen gibt es nicht nur in der Science Fiction. Am Samstag abend brauchte man zum Beispiel nur in Pusdorf das Zelt am Weserdeich zu betreten um direkt zurück in die tiefsten 70er Jahre zu gelangen. Ulrich Roski füllte damals wie seine Kollegen von Insterburg & Co oder Schobert und Black mit seinen Blödelliedern locker die Bremer Glocke. Wenn man ihre Witze heute wiederhört, ist es verblüffend und ein wenig peinlich, was man mal komisch fand – aber man lachte zu der Zeit ja auch mit antiautoritärem Eifer und immer gegen das Establishment.

Das ist alles lange her, aber Ulrich Roski gibt es immer noch. Und er macht genau so weiter wie damals – ja es fanden sich sogar etwa 50 Zuhörer in Bremen, die noch immer über seine Witze lachen. „Wenn Roski auftritt, muß man ja dabei sein“ meinte gar ein ganz treuer Fan mit etwas angegrautem Schnurrbart, aber viele zahlende Gäste waren offensichtlich Pusdorfer, die es eher zu ihrem gemütlichen Zelt als zu dem „Berliner Barden-Doppel“ zog. Roski teilte sich den Abend mit seinem Kollegen Lothar von Versen – der von der Liedermacherwelle auf die gleiche Zeitinsel gespült wurde.

Ein wenig traurig wirkte Ulrich Roski schon, wie er in der Pause seine Schallplatten verkaufte. CDs von ihm gibt es nicht, denn die neuste seiner Aufnahmen ist auch schon zehn Jahre alt. Er wäre halt gerade in TV und Radio nicht so präsent, sagt er leicht resigniert und auf die Frage, ob er denn tatsächlich ununterbrochen seit über 20 Jahren mit seinen Liedern auftreten würde, antwortet er kurz und gereizt mit einem „Natürlich“.

Fast alle Lieder sind also mindestens zehn Jahre alt. Entsprechend müde und lustlos präsentiert sie Roski heute. Jedes Wort wirkt auswendig gelernt – während von Versen immerhin noch soviel Temperament und Spielwitz entwickelt, daß seine lauen Witze über familiäre Reibereien beim Scrabblespielen oder einen Taxifahrer aus Ostberlin manchmal doch erstaunlich gut zünden.

Roski spulte dagegen sein Programm so mechanisch ab, daß man die wenigen handwerkichen Kniffe, auf denen seine komische Wirkung beruht, quasi im Rohzustand vorgesetzt bekam: Im Lied von einer „Sau, Sau, Saunasitzung“ besang er Fußpilz und lange Unterhosen und ein Daniel kuckte „wie ein Spaniel“. Das Essen eines Kantinenkochs mit Weltschmerz war natürlich apokalyptisch und die Länge eines Liedes über Betrunkene hing davon ab, wieviele Reime auf Saufen Roski gefunden hatte. Dieser schlichte Humor und seine Präsentation mit ernster Miene an Piano oder Sprechpult wirkt so hoffnungslos antiquiert, daß man sich unwillkürlich fragen muß, warum der Ulrich Roski damit immer noch weiter macht. Die gnädigen Lacher von einigen Nostalgikern über die ewig gleichen Scherze können doch nicht alles sein. Ist dies die späte Rache des Establishments? Muß der Barde weiterblödeln, weil er „nichts Ordentliches gelernt hat“, wie die Väter früher schimpften? Willy Taub