Pieroth will die Pappteller abräumen

Finanzsenator reagiert auf Urteilspruch und will auch in Berlin Einweggeschirr von Fast-Food-Ketten und Imbißständen besteuern / 17 Millionen Mark Einnahmen und 8.500 Tonnen weniger Müll  ■ Von Dirk Wildt

Die Tage für den Pappteller scheinen auch in Berlin gezählt. Nachdem die Stadt Kassel in erster Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen eine Klage von McDonald's gewonnen hat und weiterhin Einwegbesteck und -geschirr besteuern darf, will Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) die Abfallsteuer in der Hauptstadt ebenfalls erheben. Seine Verwaltung wartet nur noch auf die Urteilsbegründung.

Kassel hat die Steuer im Juli 1992 eingeführt. Schnellrestaurants müssen für jedes Einwegbesteck 10 Pfennig, für jede Einwegdose, -flasche und sonstiges Behältnis 40 Pfennig sowie für jedes Einweggeschirr 50 Pfennig zahlen. Die Einnahmen belaufen sich in der Stadt mit knapp 200.000 Einwohnern auf eine Million Mark im Jahr.

Der Gewerbe- und Hausmüll konnte um 500 Millionen Tonnen – fast ein Prozent des Gesamtaufkommens – reduziert werden. Unterstellt, die 3,4 Millionen Einwohner Berlins und die hiesigen Touristen haben ähnliche Fast-food-Eßgewohnheiten wie in Kassel, dann könnte der Finanzsenator mit zusätzlichen Steuereinnahmen in Höhe von 17 Millionen Mark im Jahr rechnen. Der Einweg-Abfall würde sich um 8.500 Tonnen reduzieren.

Schon damals, als Kassel die Steuer einführte, hatte Pieroth gegenüber der taz eingeräumt, daß es ihm mit der Abgabe nicht nur um ein ökologisch reines Gewissen gehe. Angesichts der schwierigen finanziellen Situation des Landes sei man gezwungen, alle Möglichkeiten zu Einnahmeverbesserungen zu bedenken, erklärte sein damaliger Sprecher.

Die Einführung der Steuer macht der Senator davon abhängig, ob Aufwand und Einnahmen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Besonders die östlichen Bezirke hätten nämlich mit erheblichem Personalmangel zu kämpfen. Sollte sich die Steuer rechnen, solle zugleich geprüft werden, ob für die betroffenen Firmen andere Abgaben gesenkt werden könnten. Wann der Senat eine Entscheidung trifft, sei derzeit noch offen.

Volker Liepelt, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU, bekundete bereits seine Unterstützung. Berlin sei aus umweltpolitischen und finanziellen Gründen auf eine effektive Abfallpolitik angewiesen.

Bündnis 90/ Die Grünen wollen in der nächsten Sitzung des Abgeordnetenhauses erneut beantragen, Steuern auf Einwegbesteck und -geschirr zu erheben. Bislang, sagte der Abgeordnete Bernd Köppl, sei der Bündnis-Antrag an rechtlichen Bedenken der Justiz- und Finanzverwaltung gescheitert.

Wenn Imbißbuden und Hamburger-Ketten in Berlin der Öko- Steuer ab demnächst entgehen wollen, müßten sie ihre Pommes Frites statt in Papptüten in Eiswaffeln servieren und Curry-Würste statt auf Papptellern auf Mais- Oblaten über den Verkaufstresen schieben. Sogenannte Ökomärkte – auch auf der „Grünen Woche“ – haben bereits gezeigt, daß ungesundes Junk food umweltpolitisch korrekt unters Volk gebracht werden kann.

Doch die Hotel- und Gaststätteninnung Berlin ist über eine Pappteller-Steuer nicht begeistert. Als Kassel die Abgabe einführte, erklärte der Innungssprecher auf Anfrage, man solle erst einmal etwas gegen die Müllberge unternehmen, die die Berliner nach dem Grillen im Tiergarten hinterlassen.