München, nicht Meppen

■ Der VfL Bochum (1:3 gegen Bayern) frischt seine Geographiekenntnisse auf

Meppen spielt in der neueren Mythologie des VfL Bochum eine zentrale Rolle. Das erste Spiel der vergangenen Saison in Meppen markierte den Beginn des Passionsweges durch die zweite Liga nach einem als ungerecht empfundenen Abstieg (Osieck zu spät gefeuert, falscher DFB- Entscheid beim Punkteabzug für Dynamo Dresden).

Meppen bedeutet darüber hinaus einen Aufbruch der Fans und Unterstützung auch in schlechten Zeiten. Und zuletzt wurde Meppen dann umfunktioniert zu einem Symbol für einen doch relativ glatten Wiederaufstieg.

Der Spielplan-Macher scheint es gut mit dem VfL Bochum zu meinen und läßt ihn nicht darüber im Zweifel, in welcher Liga er gerade kickt. Wenn nichts besser als Meppen die Zweitligahaftigkeit erläutert, dann steht Bayern München ohne Zweifel für die Anwesenheit im Oberhaus.

Welchen Symbolgehalt allerdings das 1:3 im Münchener Olympiastadion hat, wird erst in den nächsten Wochen zu entscheiden sein, denn das Spiel hatte einige Wahrheiten anzubieten.

Unwidersprochen durfte VfL- Trainer Jürgen Gelsdorf behaupten, daß, „wenn wir 1:0 in Führung gegangen wären, vielleicht sogar höher gewonnen hätten, denn die Bayern waren von der Rolle“. Da Fußball aber kein Spiel für Konjunktive ist und Hubner wie Stöver eben an Kahn scheiterten, schossen eben Scholl, Helmer und Nerlinger den Aufsteiger zwischen der 67. und 71. Minute im Eilverfahren ab.

Erwartet hatte das zu diesem Zeitpunkt so kaum noch einer der 54.000 Zuschauer, denn eher müde schleppten sich die Akteure des Titelverteidigers und selbsternannten Meisterschaftsfavoriten über den Platz.

„Wir trainieren im Moment ja auch kaum noch“, mokierte sich Mehmet Scholl, Bayerns bester Spieler, nach dem Schlußpfiff. Das monströse Vorbereitungsprogramm mit 17 Spielen in gut sechs Wochen, das Manager Uli Hoeneß seinem Team zwecks Geldbeschaffung aufgedrückt hatte, sorgte dafür, daß die Spieler von Termin zu Termin gehetzt waren und schon ausgelaugt in die Saison gestartet sind. Besonders Alain Sutter, Thomas Helmer und Christian Ziege sahen recht matt aus, während Michael Sternkopf einfach so einen ganz schlechten Tag hatte.

Auch Giovanni Trapattoni verwies auf die körperliche Verfassung seiner Spieler: „Ist die erst mal besser, dann wird es auch unser Spiel.“ Damit hat sich der italienische Meistertrainer zunächst einmal selbst etwas Auszeit verordnet und den Schwarzen Peter ganz sachte Uli Hoeneß zugeschoben.

Noch ist das Spiel der Bayern eher teilnehmende Beobachtung als Ausdruck der von den Spielern enthusiastisch begrüßten taktischen Lehrstunden. Bis zu ihrem Dreifachschlag hatten sie gerade zwei ernstzunehmende Torchancen vorzuweisen, nicht mehr als ihr Gast, den sie immer wieder hübsch kombinieren ließen. So nutzte Trapattoni den Versuch einer Exegese seines Gefühlslebens („Warum sind sie beim 1:0 nicht aufgesprungen?“) zur Verbeugung vor dem Gegner: „Aus Respekt vor Bochum.“

Gelacht hat da niemand, im Bochumer Lager wäre ein Schmunzeln auch eher gequält ausgefallen. Soll doch im Ruhrstadion endlich das Image von der Grauen Maus abgestreift werden. Der Hauptsponsor, ein Organisator für Lottospielgemeinschaften, bezahlt dafür 2,5 Millionen Mark, und Ausrüster Reebok wirbt bundesweit auf doppelseitigen Anzeigen für „frischen Wind im Revier“.

Ein Sieg in München hätte nicht nur den Sponsoren gefallen, sondern in der Fortschreibung der blau-weißen Mythologie München zum neuen Meppen machen können.

Am Ende blieb den Gästen doch nur das Wahrscheinliche: Der Computer-Tip in der Münchner Stadion-Zeitung lautete 3,18:0,86 für Bayern. Christoph Biermann

FC Bayern München: Kahn - Matthäus - Kreuzer, Helmer - Sternkopf (63. Frey), Schupp, Scholl, Nerlinger, Ziege (51. Hamann) - Papin, Sutter

VfL Bochum: Wessels - Herrmann - Schneider, Stöver - von Ahlen (84. Frontzeck), Hubner, Wegmann, Peschel, Wosz, Christians - Wynalda (67. Aden)

Tore: 1:0 Scholl (69.), 2:0 Helmer (71.), 3:0 Nerlinger (73.), 3:1 Aden (88.)