BBU: Töpfer verschweigt Atomschmuggel

■ Umweltschützer kritisieren Geheimhaltung / Schon 1990/91 rund 50 Versuche

Frankfurt/Main (taz) – Nach Informationen des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), die inzwischen vom Bundeskriminalamt in Wiesbaden bestätigt wurden, registrierten die Statistiker im BKA schon in den Jahren 1990 und 1991 insgesamt 45 Fälle von versuchtem Handel mit radioaktiven Materialien. Flogen 1990 in Deutschland ganze vier illegale Transaktionen auf, waren es 1991 schon 41 Fälle. „Geheimhaltungs-Gepflogenheiten“ wirft BBU-Sprecher Eduard Bernhard deshalb dem Bundesumweltminister vor, der die Öffentlichkeit erst informiert habe, als sich der „Problemfall Atomschmuggel“ wegen der Häufigkeit der Vorfälle nicht länger habe verschweigen lassen. Die Öffentlichkeit habe „einen Anspruch auf die sofortige Bekanntgabe der Mengen und Arten und der Herkunft der strahlenden Materialen, die in den Jahren 1990 und 1991 sichergestellt wurden“.

Der BBU wies darauf hin, daß auch aus deutschen Atomanlagen Spaltmaterial verschwunden ist. So konnten Mitarbeiter einer Fremdfirma problemlos Uran-Pellets aus den Hanauer-Brennelementewerken entwenden. 1990 wurden der sogenannte Tritiumpapst Heinrich Weichselgärtner und zwei weitere Atomdealer vom Landgericht Hanau zu Haftstrafen verurteilt, weil sie gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen hatten. Uran wurde auch in den Staubsaugerbeuteln bei Hanauer Nuklearbetrieben entdeckt. Und auch in deutschen Atomanlagen gebe es „Schwundmengen“, die in den Rohrleitungssystem hängen blieben oder bei „Meßungenauigkeiten“ übersehen würden.

In Schreiben an Töpfer und Bundeskanzler Kohl fordert der BBU die lückenlose Auflistung aller „Abgänge“ von radioaktiven Materialien in bundesdeutschen Anlagen und die detaillierte Offenlegeung aller bekannt gewordenen Fälle von Atomschmuggel. Gleichzeitig fordert der BBU den Bundestag auf, dazu einen Untersuchungsausschuß einzurichten. Klaus-Peter Klingelschmitt