Kripo drängte zum Waffenhandel

■ Bremer Kneipier verführt / Urteil: ein Jahr auf Bewährung / V-Mann ebenfalls in Haft

„Mein Mandant war ja ein Idiot, bei dem Spiel mitzuspielen“. Rechtsanwalt Ulrich Hühne versucht sein Möglichsten, Richter und Staatsanwalt schon vor Beginn der Verhandlung vom unschuldigen Treiben seines Mandanten Mijo N. zu überzeugen. Der stand gestern wegen unerlaubtem Waffenbesitzes und Waffenhandels vor dem Schöffengericht des Bremer Landgerichts.

Der gebürtige Kroate ist im Februar 1992 von der Polizei in einer Bremer Kneipe mit einer Schnellfeuerwaffe Typ CZ im Hosenbund erwischt worden. In seinem Auto fand die Polizei zu allem Übel auch noch einen Revolver Marke „Double Action“. Dummerweise besaß N. keinen Waffenschein. Und dann waren da noch die 20 Maschinenpistolen, die ein alter Bekannter von ihm unbedingt kaufen wollte. Erst bei seiner Verhaftung erfuhr N., daß er es mit einem V-Mann der Kripo zu tun hatte.

N. kam vor rund zwanzig Jahren in die Bundesrepublik. Nach allerlei Jobs als Getränkeausfahrer, Dachsanierer und selbständiger Bauarbeiterverleiher, machte er 1990 eine Kneipe am Bremer Hulsberg auf. Mitten im „leicht illegalen aber nicht kriminellen Milieu“ aus kleinen Hehlern und Zuhältern, so Hühne, ging es manchmal hoch her. Ein Serbe soll eines Tages die gesamte Einrichtung demoliert haben, ein anderer die Kneipe betreten und grundlos in die Decke geschoßen haben, ein bosnischer Muslim soll den Wirt gar eines Tages mit dem Tode bedroht haben. Er kann nicht mehr vernommen werden, starb er doch unlängst selbst an 36 Schüssen.

Mit dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien verschärften sich die Spannungen zwischen den Kneipenbesuchern noch, sagt der Kroate. „Es gab nur Ärger, Schlägereien, Schießereien.“ Dem Wirt N. langt es, er fürchtet um sein Leben. Bei einem Besuch in Ost-Berlin will er sich deshalb eine Knarre kaufen. Doch die gibt es nur im Doppelpack für 4.000 Mark. „Mir wurde angeboten, entweder zwei oder keine“, erzählt der Mann dem Richter. Also nimmt er beide Schnellfeuerwaffen, schließlich will er in Bremen sein Leben verteidigen können.

Die eine Pistole verkauft N. im Oktober 1992 an den V-Mann Joachim M. Beide kennen sich seit vielen Jahren aus dem Milieu, haben so manche Prahlerei über den Tresen hinweg ausgetauscht. M. habe immer so angegeben welche „großen Zuhälter“ er kennt, sagt N. Da habe er quasi auch was Tolles sagen müssen. Und als M. dann eines Tages ankam und 100 Maschinenpistolen von N. haben wollte, hätte er sich an einen Kroaten erinnert, der solche Dinge vertickt. „M. hat mich richtig bedrängt und immer wieder angerufen“, entschuldigt sich N. Endlich habe er dann den Dealer irgendwo in Hessen angerufen, um M. zu beruhigen und die Umstände des Handels abzusprechen.

Doch die Polizei hörte sein Telefon längst ab, hatte sie M. doch selbst auf N. angesetzt. Eine plausible Erklärung für das Interesse der Kripo an N. gab es gestern nicht. Das Abhörprotokoll ist romanverdächtig: N. bestellt erstmal 20 Stück mit „30 Oktaven“, er kenne Leute, die „in Dänemark Heizkörper streichen wollen“. „Schnee gibt es genug, pro Stück 16 Mark“. N. kann sich vor Gericht da auch keinen Reim mehr draus machen. Er beharrt darauf, nichts von Waffen zu verstehen und sich auch nie für Waffenhandel interessiert zu haben. Er steigt irgendwann aus, erzählt M., daß sein Händler in U-Haft sitzen würde.

M. behauptet dasselbe. „Ich sollte N. in den Knast bringen“, sagt der als Zeuge Geladene. Dort sitzt er zur Zeit selbst, „wegen Verkehrsdelikten“. M. ist bei der Kripo kein unbeschriebenes Blatt, versuchte seine Strafe 1992 durch V-Mann-Aktivitäten zu mildern. Sein zuständiger Kripobeamter G. habe ihn „bedrängt, N. zu Straftaten zu verführen“. Und G. habe dann die Vereinbarungen nicht eingehalten. G. weist Versprechungen irgendeiner Art weit von sich.

Richter Eder bezieht dann auch das „angeschobene Geschäft“ als strafmildernd in das Urteil mit ein. Er folgt im Strafmaß den Forderungen von Staatsanwalt Hübner. Acht Monate auf Bewährung bekommt N. für das Tragen der Waffe ohne Waffenschein. „Ethnische Konflikte rechtfertigen nicht, daß Waffen getragen werden“; N. hätte gewußt, daß das strafbar ist. Weitere acht Monate auf Bewährung gibt es für den von der Kripo inszenierten Deal. Die Waffen wären schließlich nie verfügbar gewesen, N. selbst aus dem Deal ausgestiegen. Zusammengezogen ergibt das nach der milden Rechnung von Richter und Staatsanwalt ein Jahr auf Bewährung. fok