Kommentar
: Von der SPD zur CDU

■ Bremerhaven jetzt ohne klare Mehrheit

Der Ende Juli aus der SPD ausgetretene Bremerhavener SPD-Stadtverordnete Dieter Ansorge (50), ist gestern von der CDU aufgenommen worden. Damit gibt es in Bremerhaven auch rechnerisch keine rot-grüne Mehrheit mehr.

taz: Sie sind der erste der in den letzten Wochen aus der SPD ausgetretenen Bremerhavener Genossen, der in die CDU eingetreten ist. Warum?

Dieter Ansorge: Ich bin überhaupt der erste Stadtverordnete, der nach dem Krieg die SPD verlassen hat, um sich einer anderen demokratischen Partei anzuschließen. Es ist nicht so einfach, wenn man 32 Jahre in der SPD war. Ich vergleiche das immer mit einer Ehe, die nicht mehr klappt, und wo man sich dann irgendwann scheiden läßt.

Nach der letzten Wahlniederlage, bei der wir nur noch 39 Prozent hatten, wurden die Widerstände in der Fraktion zwischen rechts und links so stark, daß die ganze Arbeit gelähmt ist, weil man nur noch Personaldebatten führt und keine Politik mehr macht.

Austreten ist das eine, der Eintritt in die direkte Konkurrenz ist aber etwas anderes...

Ja, aber wenn sie mal die Wahlprogramme von SPD und CDU nebeneinanderlegen, dann werden Sie viele Gemeinsamkeiten feststellen. Ich habe auch als SPD-Politiker verschiedentlich Anträge gemeinsam mit der CDU durchgesetzt.

Wo sehen Sie in Zukunft die Mehrheit im Bremerhavener Stadtparlament?

Ich sehe die Gefahr, daß noch mehr SPD-Mitglieder austreten...

Warum Gefahr, als CDU-Mitglied müßten Sie das doch begrüßen.

Das ist zu einfach. Jeder der neu kommt, muß doch andere wegdrücken. Die CDU hat auch einen eigenen Unterbau, der Karriere machen will.

Welche Mehrheit wird den Bremerhavener Haushalt 1995 beschließen?

Das ist völlig offen. Ich weiß nur, daß genug Stimmen da wären, wenn sich SPD und CDU einigen würden.

Fragen: Dirk Asendorpf