Mit Algeriens Islamisten reden

■ Präsident Liamine Zeroual fordert den Dialog mit der FIS

Algier/Berlin (AFP/taz) – Algeriens Staatspräsident Liamine Zeroual hat einen Dialog zwischen den Parteien des Landes und der Islamischen Heilsfront (FIS) gefordert. Algerische Medien berichteten gestern, Zeroual habe die „versöhnungsbereiten“ Parteien aufgefordert, die Führer der FIS im Gefängnis zu treffen. Gleichzeitig enthüllte der Staatschef, er selbst habe noch als Verteidigungsminister heimlich die FIS-Führer Ali Dscheddi und Abdelkader Boukhamkham im Gefängnis besucht und im Februar ihre Freilassung erwirkt. Als Gegenleistung hätten beide auf ein Ende der Gewalt hinarbeiten sollen. Dscheddi und Boukhamkham bestritten eine derartige Abmachung.

Trotz seiner angedeuteten Gesprächsbereitschaft unterstrich Zeroual, daß sich die Führung der FIS öffentlich zu den „unstrittigen und nicht verhandelbaren Grundsätzen Algeriens“ bekennen müsse. Dazu zählten die Verurteilung der Gewalt, die Achtung der Verfassung, des Islams als Staatsreligion, des politischen Pluralismus und des Prinzips einer Machtausübung auf Zeit. Nach Einschätzung von Beobachtern will er damit verhindern, daß seine Geste in Richtung der FIS zum Bruch mit den antiislamistischen Parteien führt.

Algerische Kommentatoren beurteilen die Initiative Zerouals skeptisch. Es sei wenig wahrscheinlich, daß die Politiker „die Führung der FIS zur Einsicht bringen“ können, schrieb die französischsprachige Zeitung Liberté. Unterdessen nannte die Nummer zwei der FIS, Ali Belhadsch, in einem gestern bekanntgewordenen Brief an Zeroual drei Bedingungen für eine Teilnahme der FIS an Gesprächen mit der Regierung: „Rückkehr zu rechtmäßigen Gesetzen bei der Lösung des Konflikts, freie Besuchsmöglichkeit für die FIS-Führer in Haft oder im Exil, weitere Behandlung der Krise in völliger Offenheit und Klarheit.“

In Tizi Ouzou wurde unterdessen erneut ein Intellektueller getötet. Nach Angaben der Militärs wurde der 65jährige Soziologie- Professor Rabah Stambouli gestern beim Verlassen seines Hauses erschossen. Stambouli galt als Kritiker der Islamisten und äußerte sich häufig in den Medien.

Die Tageszeitung al-Hiwar (Der Dialog) berichtete gestern, der Leiter der provisorischen Exekutivgewalt der FIS, Abdelkader Hachani, habe am Montag auf Bitten der FIS-Führung seinen Hungerstreik beendet. Der seit Januar 1992 in einem Gefängnis in Algier Inhaftierte hatte seit dem 8. August die Nahrungsaufnahme verweigert.