Öko-Rambo legt wieder ab

■ Paul Watsons „Whales Forever“ nimmt jetzt aus Bremerhaven Kurs auf die Biscaya

Nach der Reparatur seines Schiffes „Whales Forever“ in Bremerhaven ist der militante Umweltschützer Paul Watson seit heute mit seiner 15köpfigen internationalen Crew unterwegs ins Mittelmeer. Dort will er gegen Treibnetzfischer vorgehen. Mit einem Schild an der Bordwand „Danke Bremerhaven“ verabschiedet sich die Besatzung von der Hafenstadt. „In keinem Land haben wir soviel Unterstützung bekommen wie in Deutschland“, lobte Watson die Bevölkerung. Doch nicht alle stimmen in das Lob des Kanadiers als Öko-Helden ein: Die norwegische Botschaft nennt ihn wegen eines Zusammenstoßes mit der Küstenwache einen „Piraten“. Auch „Greenpeace“ setzt sich von seinem ehemaligen Gründungsmitglied ab: Der militante Weg schade mehr als er nutze, Watsons Ergebnisse seien im Vergleich zur gewaltfreien Lobbyarbeit minimal, heißt es aus der Hamburger Zentrale.

In Bremerhaven jedenfalls strömten die Leute an und auf die „Whales Forever“. Die Bevölkerung spendete Lebensmittel und Medikamente, die Stadt erließ dem Schiff die Hafengebühren und Freiwillige meldeten sich zum Arbeitseinsatz. Sie klopften Rost, strichen die Bordwände und machten das Schiff wieder flott, nachdem es vor der Küste Norwegens in eine Auseinandersetzung mit der Küstenwache verwickelt worden war. Watson und die Küstenwache werfen sich gegenseitig vor, den jeweils anderen gerammt zu haben. Wegen der versuchten und durchgeführten Versenkung von Walfängern ist Watson auf den Lofoten zu 120 Tagen Gefängnis verurteilt worden und hat zwei weitere Ermittlungsverfahren der norwegischen Behörden am Hals.

Weltweit in die Schlagzeilen gebracht haben den 43jährigen Kapitän Watson und seine Organisation „Sea Shepherd Conservation Society“ Konfrontationen mit illegalen Walfängern. Auf seiner Liste stehen das Kappen von Schleppnetzen, das Öffnen von Flutventilen und das Entern oder Versenken von Schiffen, allerdings ohne Menschenleben zu gefährden. Als Rächer der Wehrlosen dokumentiert Watson Verstöße gegen internationale Verträge und illegale Aktionen wie Raubfischerei oder verbotenen Walfang. Allerdings beläßt „Sea Sheperd“ Watson es nicht beim Zuschauen, sondern attackiert seinerseits die Fisch- und Seeräuber.

Solcher Einsatz kommt bei vielen Menschen an, die Spenden fließen reichlich. Die Konkurrenten um den Öko-Spenden-Topf von „Greenpeace“ halten sich mit der Kritik an Watson zurück, machen aber deutlich, daß sie ihre Verpflichtung zur Gewaltfreiheit bei allen Aktionen für sinnvoller halten. „Wenn man Gewalt einsetzt, muß man immer mit stärkerer Gegengewalt rechnen“, meint Jörg Feddern von der „Greenpeace“-Walkampagne. „Wir haben beobachtet, daß Watsons Aktionen die Gewaltbereitschaft bei der norwegischen Küstenwache auch uns gegenüber enorm gesteigert haben. Die isländische Regierung hat die Verhandlungen mit uns abgebrochen, als Watson ihre Schiffe versenkte.“ Im Gegensatz zu „Greenpeace“ habe Watson keine dauerhaften Erfolge vorzuweisen: „Die Flutventile von Schiffen zu öffnen, legt sie zwar lahm, aber die werden gehoben und fahren wieder.“ Gewaltfreie Aktionen und langwierige Lobbyarbeit sollen die „Greenpaece“-Aktionsformen bleiben, meint Feddern. „Unser Ziel ist es schließlich, den Walfang zu stoppen und nicht etwa mit den Norwegern Krieg zu führen. Dann wird nämlich nicht mehr über die Wale diskutiert, sondern nur noch darüber, wer jetzt wen gerammt hat.“

bpo