Unser kleines Radio
: Solo für Christian

■ Anmerkungen eines Bremer Wellenreiters. Heute: der Moderator

Vorsicht, das Stauende liegt hinter einer Kuppe. „Diese Kuppe ist mir schnuppe“, sagt der Moderator. Mal ebenso was dahergereimt. Christian Günther ist auf der Hansawelle Meister des leichtfüßigen Extempores. Ein Bohrer, der keine dünnen Bretter kennt. Wo andere verbale Flachpässe ins intellektuelle Seitenaus dreschen, zirkelt er traumhafte Bananenflanken oder setzt aus der des geistigen Raumes wuchtig an zum großen Solo.

Christian Günther ist zu Höherem geboren. Zwanzig, vielleicht auch dreißig Jahre ist es her, da wechselte er vom Schauspielhaus in den heimischen Hörfunk. Und da ist er geblieben. „Please Mr. DJ“ hieß eine seiner Sendungen. In der Ruhmeshalle verblichener Programmbestandteile hat sie einen Ehrenplatz.

Im Alltagsprogramm der Hansawelle kommt das zwanghafte Bemühen zum Ausdruck, zwischen mehreren Musiktiteln mit einer oft grammatikalisch richtigen Aneinanderreihung von Worten dem Hörer den Eindruck zu vermitteln, als müsse ihm zwischen den Gesängen von Freddy Breck, Fats Domino und Peter Maffay etwas Bedeutsames mitgeteilt werden. Dieses zweifellos wohlmeinende Bestreben ist allein schon wegen der Hartnäckigkeit, es trotz vieler gescheiterter Versuche zu wiederholen, als Besonderheit zu würdigen.

Christian Günther widersetzt sich dieser um Sinnfälligkeit ringenden Spracharbeit. Er sagt einfach irgendwas. Und zwar das, was gesagt werden muß, ohne ins verkrampfte Rundfunk-Phrasieren zu verfallen. Man hört hin, man lacht, man freut sich, daß es Christian Günther gibt. Er kündigt etwa eine Rezension des Krimi-Fans Manfred Schlichting an mit dem Hinweis, daß der immer eine Bourbon-Flasche im Redaktionsschreibtisch verschwinden läßt und von jedem Besucher Fingerabdrücke nimmt. Wenn Christian Günther in einem ADAC-Reiseruf nach „Herrn und Frau Schwuttke aus Sonneberg“ fahndet, oder das „Wettertelegramm“ verkündet - dann hört man nicht weg. Da ist dieser Unterton: Wenn das Leben schon schwer ist, darf es wenigstens nicht langweilig sein.

Christian Günther sagt einen Beitrag über das Puppenmuseum an: „Ich würd' jetzt gerne mal die Puppen tanzen lassen - aber es sind keine mehr da. Sind alle im Museum.“ Zwischen losen Sprüchen Bekenntnisse eines Mannes, den das Schicksal hart ran nimmt: „Ich bin gar nicht gut drauf. Völlig daneben. Muß auf den Arm. War wieder mal ein mißglückter Abend.“ „Song, song Blue beim Bremer Nachmittag auf der Hansawelle. Prost, wie komm ich darauf? Leidvolle Erfahrung durch Selbstversuche.“ Und dann kommt der Beitrag über einen Fahrdienst für Betrunkene. Christian Günther über vergebliche Versuche von Justus Frantz, sein Orchester zu disziplinieren: „Lachen und gleichzeitig das Horn blasen - da krieg ich doch eins.“

Rauh wie John Wayne, prs und schnoddrig wie Thomas Gottschalk: Christian Günther ist der Maggiwürfel in der reizarmen Tagessuppe der Hansawelle Statt verwurstelter Überleitungen rotzfreches Quasseln. Christian GÜnther kann, wenn auch oft nur für Stunden, mit der Hansawelle aussöhnen: „Jetzt krieg ich langsam Hunger, ich muß weg. Aber gleich kommt das Schönste, das Feinste: Die Bremer Rundschau mit Werner Knobbe.“ Lutz Wetzel