Schläge lösten sich vor Gericht in Luft auf

■ Polizeibeamter vom Vorwurf der Körperverletzung im Amt freigesprochen / Das Gericht hielt die beiden türkischen Zeugen nicht für glaubwürdig

Nach zweitägiger Verhandlung wurde gestern der 27jährige Polizeiobermeister André D. vom Vorwurf der Körperverletzung im Amt freigesprochen. Das Gericht begründete dies mit erheblichen Zweifeln an der Aussage des Belastungszeugen, einem 23jährigen türkischen Berliner.

In der Nacht des 25. Mai 1992 war der Polizist André D. mit einem Kollegen als Zivilfahnder in einem VW-Bus im Einsatz. Auf der Straße des 17. Juni fiel ihnen ein weißer Golf mit zwei türkischen jungen Männern auf. Nach Angaben der Polizisten versuchte der Fahrer des Golfs, die anderen Verkehrsteilnehmer an der Ampel zu einem Rennen zu provozieren. Die Beamten stellten den Golf nach einer Verfolgungsjagd schließlich in einer Sackgasse. Über das weitere Geschehen gingen die Darstellungen vor Gericht weit auseinander. Die beiden Polizisten sprachen von einer ganz normalen Festnahme ohne Gewaltanwendung. Der Beamte André D. will sich um den Fahrer des Golfs gekümmert haben, sein Kollege um den Beifahrer.

Anders die Darstellung der beiden jungen Männer: Der Beifahrer gab an, nach seiner Festnahme durch den einen Beamten von dem angeklagten Polizisten auf Kopf und Körper geschlagen worden zu sein. Dann habe er ihn an den Handschellen hinter sich her über den Boden geschleift, sagte der 23jährige Türke. „Ich war ziemlich angeschlagen, es waren nicht nur ein paar Backpfeifen.“

Sein 20jähriger Freund, der für die damalige Spritztour den Golf seines Vaters stibitzt hatte, machte bei seiner Zeugenvernehmung jedoch keinen glaubwürdigen Eindruck. Nachdem er zunächst mit eigenen Augen gesehen haben wollte, wie sein Kumpel mißhandelt wurde, räumte er ein, nichts gesehen zu haben, weil er hinter dem VW-Bus lag. Weil er damit als Zeuge für das Gericht ausgeschieden war, blieb nur noch der Geschädigte selbst als Belastungszeuge übrig. Aber auch dessen Aussage hielt Amtsrichter Borgas „nicht für geeignet“, den Angeklagten zu überführen. „Es fehlt an einem erkennbaren Motiv“, meinte er. Der Geschädigte selbst hatte auf die Nachfrage des Gerichts eine ausländerfeindliche Einstellung des Beamten als Motiv vermutet, dies jedoch nicht belegen können. Als weitere Ungereimtheit empfand Borgas, daß der junge Mann erst mehrere Stunden nach seiner Entlassung aus dem Polizeigewahrsam zum Arzt gegangen war und erst nach drei Monaten Strafanzeige erstattete. Den Kollegen des Angeklagten hielt der Richter dagegen für sehr glaubwürdig. Dieser Beamte habe nicht den Eindruck gemacht, daß er seinen Kollegen aus Korpsgeist decken wollte, sagte Borgas mit Fingerzeig auf die aktuellen Presseberichte über Polizeiübergriffe. Plutonia Plarre