Fliegende Wuchtbrumme

■ Ein Übermensch mit Sinnkrisen: "Superman - Die Abenteuer von Lois & Clark"

Eigentlich ist der kapitale Held mit dem warnfarbenen Bodysuit schon kraft seiner Herkunft ein absoluter Langweiler. Seinerzeit auf dem Schulhof galten die Superman-Comics wenig: Ihr Tauschwert lag unter dem der Batman- Heftchen. Mit wem soll man schließlich auch bangen, wenn keine Kugel, kein Faustschlag, nicht einmal Naturkatastrophen oder Bombenexplosionen dem Omnipotenzprotz etwas anhaben können.

Früh erkannten die Autoren dieses Problem und ersannen über die Jahre immer neue Kniffe und Winkelzüge, die übermenschlichen Kräfte des Stählernen zu lähmen. Kryptonit und so. Aber diese Konstruktionen waren einfach zu durchsichtig, als daß sie das minderjährige Publikum hätten überzeugen können.

Auch in der TV-Serie „Superman – Die Abenteuer von Lois & Clark“ wandte man allerhand Drehs an, die fliegende Wuchtbrumme zu bremsen. Mal steht er unter Hypnose, wird bösartig und rupft Parkuhren aus; ein andermal knallt er schwungvoll aufs Pflaster, nachdem er sich partout mit einem monströsen Meteoriten anlegen mußte, und leidet hinfort unter Amnesie.

Im Grunde aber geht es ja gar nicht so sehr um Supermans wundersame Kapazitäten, die meist eher beiläufig ins Spiel gebracht werden. Die AutorInnen schöpfen aus den Möglichkeiten des Pressemilieus, in dem Supermans Alter ego Clark Kent (Dean Cain) und dessen ehrgeizige Partnerin Lois Lane (Teri Hatcher) bekanntlich tätig sind. Die nimmermüde Lois ist als Journalistin der Sonderklasse stets einer spektakulären Story auf der Spur, der mitunter sympathisch linkische Clark eher der skrupulöse Skeptiker, der oftmals im Unrecht ist, zum Ausgleich aber, in seiner Superheldeninkarnation, Lois aus der Bredouille helfen darf, was sie mit ihrer Zuneigung vergilt, ohne zu wissen, daß die ausladende Brust mit dem leuchtenden Signet ihrem bläßlichen Kompagon Clark gehört, dem sie allenfalls freundschaftlich zugetan ist. Bei ihren Recherchen darf es durchaus mal zeitkritisch zugehen, wenn etwa Umweltskandale, Computerkriminalität, Jugendobdachlosigkeit oder Rüstungsgefahren thematisiert werden. Besonderen Pfiff bekommen die Episoden durch ironische Querverweise und Anspielungen beispielsweise auf den Watergate-Skandal, womit auch für den gebotenen Unernst gebührend gesorgt ist.

Zwar spielt die Serie in der Gegenwart und gibt sich durchaus aktuell. Dennoch gemahnt das nostalgisch angewärmte, mit großer Sorgfalt gestaltete Dekor nicht von ungefähr an die klassischen Journalistenkomödien der dreißiger und vierziger Jahre. Der verbale Schlagabtausch zwischen Lois und Clark erinnert in seinen besten Momenten an die Screwball-Komödien der großen alten Meister Hawks, Capra und Cukor. Auch die mit Liebe charakterisierten und trefflich besetzten Nebenfiguren sind stets für eine Sottise gut – insbesondere Clarks Eltern, zwei aufgeschlossene und ausnehmend liebenswerte graue Panther, die ein ums andere Mal Clarks Sinnkrisen bewältigen helfen, sofern sie nicht mit eigenen Problemen beschäftigt sind – in einer Episode argwöhnt Vater Clark, seine Frau betrüge ihn mit einem Kunstmaler, weil sie dem für ein Aktgemälde Modell gestanden hat...

Gleichfalls zum Stammpersonal gehört der omnipräsente Industriemagnat Lex Luthor (John Shea), ein Entrepreneur mit gelegentlichen melancholischen Anwandlungen, dessen milliardenschweres Imperium Hotels, Medien, Computerfirmen und eine eigene Raumfahrtagentur umfaßt, außerdem rare Kunstwerke wie die Partitur von Beethovens Zehnter, die Arme der Venus von Milo und ein Ganzkörperportrait der Mona Lisa. Immer wieder kreuzt dieser finstere Connaisseur Clarks und Lois' Wege – nicht zuletzt, weil das Herz in seiner kalten Brust allein für Lois schlägt. Aber es gibt nun mal Dinge, die man mit Geld nicht kaufen kann...

„Ich liebe Überraschungen. Sofern sie mir vorher angekündigt werden“, lautet ein Ausspruch Lois Lanes. In diesem Sinne: Der Pilotfilm „Superman – Die Abenteuer von Lois & Clark“ läuft heute um 20.15 Uhr bei Pro 7, die Serie ab Sonntag jeweils um 19 Uhr ebendort. Harald Keller